Schönecken, St. Leodegar
Adresse: Nimstalstrasse, 54614 Schönecken (Ortsteil Wetteldorf), Eifelkreis Bitburg-Prüm, Rheinland-Pfalz, Deutschland
Gebäude: Katholische Pfarrkirche St. Leodegar (erbaut um 1500)
Weitere Orgeln: Unserer Lieben Frauen, neuerer Teil (50er Jahre) der Doppelkirchenanlage
Orgelbauer: | Orgelbau Mayer, Heusweiler |
Baujahr: | 1971 |
Geschichte der Orgel: | 1827 interessierte sich die Pfarrgemeinde für eine gebrauchte Orgel von 1708, die in Glaadt (Vulkaneifelkreis) versteigert wurde. Die bischöfliche Behörde in Trier verweigerte jedoch auf Drängen des engagierten Pfarrers Herzig, der Zweifel an der Qualität des Orgelwerkes hegt, den erforderlichen Zuschuss; die Orgel war in ruinösem Zustand und ca. 30 Jahre unbenutzt, Pfeifen fehlten. Später erwarb die Pfarrei ein sehr einfaches Harmonium, das heute, leider mittlerweile unspielbar, in der Schönecker Filialkirche St. Antonius steht.
So kam es erst 1885 zum Bau der ersten Orgel für die Wetteldorfer Pfarrkirche durch den Münsteraner Orgelbauer Fritz Clewing, nachdem die gotische Pfarrkirche 1875 und 1882 um zwei Seitenschiffe erweitert worden war. Clewing ist daneben in der Eifelregion nur in der Pfarrkirche Mehren tätig geworden, wo er ebenfalls 1885 ein heute noch teilweise erhaltenes Instrument erstellt hatte. Die Wetteldorfer Orgel fand ihren Platz auf der Empore, die in die vorher offene Turmhalle eingebaut worden war; der zweigeteilte Prospekt ließ das Westfenster frei. Nach der Fertigstellung am 30. Juni 1885 erfolgte die Abnahme am 15. August 1885. Schon nach drei Jahren, beim Kirchturmbrand vom 28. März 1888 (Blitzschlag), bei dem der Turmhelm komplett abbrannte und auch die Glocken schmolzen, erlitt die Wetteldorfer Orgel massive Schäden. Sie konnte erst 1898 mit Hilfe eines amerikanischen Wohltäters (Peter Oster, Auswanderer aus Wetteldorf) durch die Trierer Orgelbauwerkstatt Gebrüder Breidenfeld wiederhergestellt werden. Hierzu war die Orgel am 29. Januar 1898 von Herrn Breidenfeld und Musiklehrer Scharbach aus Prüm inspiziert worden, am 16. Februar 1898 wurde die Durchführung der Arbeiten vom Bischöflichen Generalvikariat Trier genehmigt. Ob im Rahmen der Wiederherstellung ein Umbau der Orgel erfolgte, ist derzeit nicht bekannt. 1909 führte dann die Orgelbaufirma Klais aus Bonn Umbauarbeiten an der Orgel durch, (Opusliste Klais: Mappenverzeichnis (MV) 370). Klais führte die Orgel nachfolgend in einer zu Werbezwecken erstellten Liste „Gelieferte Orgelwerke für die Dioecese Trier“ mit dem Hinweis „Vergrößerung“ auf. Gemäß der im Bistumsarchiv Trier befindlichen Rechnung der Firma Klais vom 22. April 1909 wurden die Register Aeoline 4', Cello 8' und 12 Pfeifen des Registers Gamba 8' neu geliefert und die vorhandene Trompete 8' mit neuen Zungen und Stimmkrücken versehen sowie grundlegend überholt. Die unten wiedergegebene Disposition lt. dem Orgelmeldebogen nennt die Aeoline in 8'-Lage. Da keine weiteren umfassenden Arbeiten nach 1909 an dem Instrument bekannt sind, könnte es sich um einen Schreibfehler handeln, bei dem die Fußtonlagen von Salicional und Aeoline vertauscht worden sind. 1955-1957 wurde die neue Pfarrkirche Unserer Lieben Frauen, an die Südseite der alten Pfarrkirche St. Leodegar anschließend, erstellt. Ursprünglich sollte Letztere zusammen mit dem Neubau genutzt werden, dazu kam es aber nicht, weil sich der Neubau als groß genug herausgestellt hatte. Als man Teile der alten Orgel für ein Interimsinstrument in der neuen Kirche verwenden wollte, erwiesen sich diese als ungeignet. Die alte Kirche wurde verschlossen und über 35 Jahre nicht mehr benutzt; das nördliche, straßenseitige Seitenschiff wurde im Winter 1977/78 abgebrochen. Für die neue Pfarrkirche Unserer Lieben Frauen wurde 1965 unmittelbar nach der Begleichung der aus dem Kirchbau resultierenden Schulden eine Stockmann-Orgel bestellt, die 1967 geliefert wurde. Sie wurde auf einer Empore positioniert, die das 1875 erbaute, noch in drei Jochen erhaltene südliche Seitenschiff der Alten Pfarrkirche überbaut. Die alte Clewing-Klais-Orgel, deren Holzteile angeblich stark wurmstichig waren, wurde später hingegen aufgegeben und entsorgt. Es sind heute nur noch wenige Teile des neogotischen Prospektes vorhanden, die in der neuen Pfarrkirche Unserer Lieben Frauen als Umrandungen / Rahmen für neu beschaffte neogotische Heiligenfiguren bzw. als Bekrönung für eine Muttergottesstatue dienen. Die heutige Orgel von St. Leodegar wurde zunächst 1971 von der Firma Mayer als Hausorgel in Spay / Rhein aufgestellt. Nach Wiederinbetriebnahme der gotischen Pfarrkirche St. Leodegar am 20. August 1995 als Werktagskirche und für Gottesdienste mit kleinerer Besucherzahl wurde die zum Verkauf stehende Orgel am 27. November 1995 von der Pfarrgemeinde Schönecken erworben und im Februar 1996 aufgestellt. Die Translozierung übernahm die Erbauerfirma. Nach der feierlichen Einweihung (an der Orgel: Prof. Peter Dicke, Spay) am Pfingstmontag, 27. Mai 1996, wurde das dreiteilige Holzgehäuse teilweise dunkel gefasst und durch ergänzende Elemente (Turmbekrönungen) der neugotischen Ausstattung angepasst. Im Spätsommer 2018 wurde eine Generalüberholung des Instruments durch die Firma Orgelbau Fasen, Oberbettingen, vorgenommen. Dabei wurden die seitlichen Prospektfelder höher positioniert, was die Wirkung des Instruments im Raum verbessert. Weiterhin wurde das Gehäuse (bis auf die Spielanlage) neu dunkel lackiert und die Bälge neu beledert. Zur Finanzierung dieser Maßnahmen war 2017 eine Spendensammlung bzw. Konzertreihe organisiert worden. |
Temperatur (Stimmung): | gleichstufig |
Windladen: | Schleiflade |
Spieltraktur: | mechanisch |
Registertraktur: | mechanisch |
Registeranzahl: | 14 (1.005 Pfeifen) |
Manuale: | C - c4 |
Pedal: | C - f1 |
Spielhilfen, Koppeln: | Normalkoppeln als Einhaktritte, Tremulant Positiv |
Mayer-Orgel (1971)
Hauptwerk (I) | Positiv (II) | Pedalwerk |
Rohrflöte 8' [1]
Prästant 4' [2] Waldflöte 2' [3] Sesquialter II 22/3' [4] Mixtur III 1' [5] |
Gedackt 8' [6]
Blockflöte 4' [7] Prinzipal 2' [8] Nazard 11/3' Cymbel II 1/3' [9] Krummhorn 8' [10] - Tremulant - |
Subbass 16' [11]
Pommer 8' Gemshorn 4' |
Anmerkungen
- ↑ C-H in Holz, abgeführt (linker Seitenturm)
- ↑ C-Fs (Prospekt) und G-H im linken Seitenturm, c0 bis a0 im Prospekt (Mittelfeld)
- ↑ C-Fs gedeckt, ab G offen
- ↑ C - H 11/3' + 4/5', ab c0 22/3' + 13/5'
- ↑ c0 11/3', c1 2', c2 22/3', c3 4'
- ↑ C-h2 Holz, C-H abgeführt (linker Seitenturm), c3-c4 Metall gedeckt
- ↑ C-H gedeckt, ab c offen
- ↑ Cis-b0 im Prospekt (Mittelfeld)
- ↑ G 1/2', g0 2/3', d1 1', g1 11/3', g2 2'
- ↑ Holzbecher, ab fis3 labial
- ↑ A-e im Prospekt (rechter Seitenturm, gedeckte Zinnpfeifen), C-Gs (teils kropf-)gedeckte Kupferpfeifen, übrige Pfeifen Naturguss
Clewing-Klais-Orgel (1885-1957, nicht erhalten)
Orgelbeschreibung
Orgelbauer: | Fritz Clewing, Münster |
Baujahr: | 1885 |
Geschichte der Orgel: | Die als wohlgelungen bezeichnete Link-Orgel ertönte erstmalig am Patronatsfest des heiligen Bartholomäus des Jahres 1895. In den Orgelbau-Nachrichten der Zeitschrift für den Instrumentenbau, Heft vom Oktober 1895, wird ihre Disposition mit 15 Registern und ohne das Zungenregister Trompete 8' wiedergegeben. Dieses ist aber in der Disposition, die auf dem im Bistumsarchiv Trier befindlichen Orgelmeldebogen vom 1. Juni 1944 angegeben ist, enthalten. Ausweislich dieser Quelle wurde die Orgel während des Ersten Weltkrieges zumindest teilweise ihrer Prospektpfeifen beraubt, die später anderweitig ersetzt wurden. Jedenfalls befanden sich später ungewöhnlicherweise neben Pfeifen mit Rundlabium auch solche mit Spitzlabium im Prospekt.
Das pneumatische Instrument wurde, nachdem es in den 70er Jahren reparaturanfällig geworden war, nach der Umgestaltung der Kirche 1980/81 nicht wieder auf der neu geschaffenen Empore am anderen Kirchenende aufgestellt. Der bisherige Standort, die Orgelempore des barocken Langhauses, war im Zuge der Baumaßnahmen zusammen mit der Orgel entfernt worden, wodurch auch die unter der Empore liegende Marienkapelle wegfiel. Der Verbleib der Link-Orgel ist unbekannt, vermutlich wurde sie entsorgt. |
Gehäuse: | Neogotisch, zweiteilig; der Prospekt ließ das Westfenster der Empore frei |
Windladen: | Kegelladen |
Spieltraktur: | mechanisch |
Registertraktur: | mechanisch |
Registeranzahl: | 16 |
Manuale: | 2 |
Pedal: | 1 |
Spielhilfen, Koppeln: | Normalkoppeln |
Clewing-Klais-Orgel (1885/1898/1909, nicht erhalten, Zustand 1944)
Hauptmanual (I) | Nebenmanual (II) | Pedalwerk |
Bordun 16'
Principal 8' Gamba 8' Hohlflöte 8' Oktave 4' Kleingedackt 4' Violine 4' Oktave 2' Mixtur 22/3' Trompete 8' |
Geigenprincipal 8'
Gedackt 8' Aeoline 8' (4'?) Salicional 4' (8'?) Voix celeste 8' |
Subbaß 16'
Oktavbaß 8' Cello 8' |
Anmerkung zur Clewing-Klais-Orgel
Mechanische Schleifladen; Wiedergabe der Disposition nach Orgelmeldebogen 1944 (Bistumsarchiv Trier). Untypisch für die Dispositionsweise von Clewings Orgeln (vgl. den Beitrag von Gottfried Rehm „Der Orgelbauer Fritz Clewing und sein Werk“, in: Acta Organologica Bd. 13 (1979) S. 219 ff) vergleichbarer Größe erscheint a) das Fehlen der sonst grundsätzlich vorhandenen Traversflöte 4' im zweiten Manual; b) das Disponieren von sonst von ihm fast nie gelieferten 4'-Streicherregistern, die hier gleich doppelt besetzt sind (Violine und Aeoline bzw. Salicional, s.o.); c) das Fehlen einer sonst immer vorhandenen (weiten Holz-)Flöte 4' im ersten Manual, stattdessen ist ein Kleingedackt 4' vorhanden; d) eine Trompete 8' im ersten Manual (diese ist nur bei einer der heute bekannten Clewing-Orgeln vorhanden gewesen) und e) die Voix celeste im zweiten Manualwerk (Schweberegister finden sich nicht in den bekannten Dispositionen von Clewing-Orgeln; vgl. auch die Nennung des Registers im Meldebogen 1944 nach den 4'-Registern). Diese Änderungen könnten also den Arbeiten durch Breidenfeld im Jahr 1898 entstammen. Zu dem Hinweis auf die Eintragung in einer Werbeliste der Firma Klais vgl. Hodick, Johannes Klais: Ein rheinischer Orgelbauer und sein Schaffen, München, 2001, Band 2, Seite 308.
Bibliographie
Anmerkungen: | Martin Schmitz, 2015-2019 |
Literatur: | Orgelmeldebogen vom 9. Juni 1944, Bistumsarchiv Trier
Bösken / Fischer / Thömmes: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins, Bd. 4/2, S. 957 (fehlerhafter Artikel über die Mayer-Orgel in St. Leodegar, der diese mit fehlerhafter Disposition der Schönecker Filialkirche St. Antonius („Burgkapelle“), die niemals eine Orgel besaß, zuordnete) bzw. S. 1213f. Rehm, Gottfried: „Der Orgelbauer Fritz Clewing und sein Werk“, in: Acta Organologica Bd. 13 (1979) S. 219ff. Bistumsarchiv Trier: Diverse Archivalien aus dem Bestand des Schönecken-Wetteldorfer Pfarrarchiv Schmitz, Martin: Kleiner Kirchenführer durch St. Leodegar und Unserer Lieben Frauen, Schönecken 2005, online auf der Homepage "Kirchenklänge für St. Leodegar" (http://kirchenklaenge-st-leodegar.de) Thömmes, Matthias: Orgeln in Rheinland-Pfalz, S. 218 |
Weblinks: | "Kirchenklänge für St. Leodegar": Informationen rund um die Orgeln und die kirchenmusikalischen Aktivitäten rund um die Pfarrkirche.
YouTube: Erste Klangprobe der renovierten Orgel YouTube: Registervorstellung |