Dresden/Plauen, Hausorgel Wolfram Hackel: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. November 2024, 13:01 Uhr


Orgelbauer: unbekannter Erbauer, Laienarbeit des Urgroßvaters (geboren 1813) und des Großvaters (geboren 1850)
Baujahr: um 1870
Geschichte der Orgel: Wolfram Hackel erwarb durch einen Hinweis 1972 und nach einer erfolgten Beurteilung durch einen Orgelbauer eine Hausorgel aus Ruppendorf bei Dippoldiswalde. Die Orgel stand im Hausflur eines Bauernhauses. Das Pfeifenwerk bestand ausschließlich aus Holz. Zusammen mit einem Orgelbauer zerlegte Wolfram Hackel die Orgel. Das Gehäuse und das Pfeifenwerk waren stark vom Holzwurm befallen. Die Wiederherstellung der Orgel bis zur Aufstellung im eigenen Wohnraum zog sich bis 1977 hin. Der Orgelbauer überholte die Windlade, belederte einen Balg neu und intonierte das Pfeifenwerk. Der Besitzer selbst übernahm die Imprägnierung gegen den Holzwurm, das Abbeizen des Gehäuses, die Überholung der Spiel -und Registermechanik, sowie der Klaviatur.

Die Balganlage „Im unteren Gehäuseteil befanden sich zwei übereinanderliegende Keilbälge, die durch eine seitlich am Gehäuse befestigte Treteinrichtung über Seile aufgezogen wurden. Der untere Balg und die Treteinrichtung kamen in Wegfall, um Platz für die Windmaschine zu gewinnen. Der obere Balg dient jetzt als Magazinbalg. Mit Hilfe der ursprünglichen Balggewichte konnte der alte Winddruck mit 45 mm WS ermittelt werden. Bei der Wiederaufstellung stellte sich eine starke Windstößigkeit heraus, bedingt durch den zu geringen Querschnitt der alten Kanalanlage. Mit zwei zusätzlichen flexiblen Kondukten (Ø 50 mm) konnte diesem Mangel abgeholfen werden.“

Die Klaviatur „Die Tasten der einmanualigen Klaviatur (Umfang C-h²), die mit Ihrer Verlängerung fast bis an die Gehäuserückwand reichen, sind dort durch Messingstifte im Klaviaturrahmen befestigt (Kepp-Klaviatur). Die Untertasten, schwarz eingefärbt und zum Teil stark abgegriffen, wurden abgebeizt und der Balg aus Birnbaumholz in seinem gelblich-braunen Farbton belassen. Die Obertasten bestehen ebenfalls aus Birnbaum und sind oben mit Bein belegt. Ein Notenpult war ursprünglich nicht vorhanden und wurde durch Umgestaltung des Spielschrankes geschaffen.“

Das Wellenbett „Über dem Klaviaturrahmen liegt das Wellenbrett. Die Abstrakten verlaufen waagerecht. Sie erhielten im Bereich der Wellenärmchen neue Drähte. Die Lager der Wellen wurden ausgetucht und neue Achsstifte gesetzt. Wie Winkel der beiden Winkelleisten (über der Klaviatur und unter der Windlade) wurden ebenfalls neu gelagert.“

Die Windlade „Die Schleifwindlade besteht größtenteils aus Nadelholz. Der Windkasten ist mit Bolus ausgestrichen. Die Ventile und mit Ihnen die Ventilöffnungen und Kanzellen werden nach dem Diskant zu schmaler. Die Ventile wurden neu beledert. Die Ventilfedern bestehen aus Messing. Die Ventildrähte führen durch eine Messingschiene, die einen Lederstreifen in einer Nut hält. Pulpeten sind dadurch nicht erforderlich. Die ursprünglich unmittelbar am Ventil ansetzenden Ventildrähte wurden gekürzt und ein S-förmiger Haken dazwischengeschaltet, um erforderlichenfalls auch einmal ein Ventil einzeln zu entfernen. Die Ventile sind durch zwei Spunde im Windkasten von vorn zugängig. Dämme und Schleifen der Windlade bestehen aus Lindenholz. Teilweise waren die Schleifen beledert. Die fünf Pfeifenstöcke (Nadelholz) überlappe sich atypischerweise in Längsrichtung. Dadurch werden beim Anziehen der Stockschrauben immer die benachbarten Stöcke mit beeinflusst. Um Durchstecher zu vermeiden, wurden im Schleifenbett und auf die Pfeifenstöcke Dichtungsscheiben aufgeleimt. Eine völlig verlustfreie Windführung konnte damit nicht ganz erreicht werden. Der hinterste Pfeifenstock (Gedackt 8‘) enthält Verführungen, ebenso der vordere für Prinzipal 4‘.“

Das Regierwerk „Die gedrechselten Registerzüge, die die Registerschilder aus Pergament enthalten, führen rechts und links durch Seitenwände des Spielschrankes. Über senkrecht stehende Wellen und Gelenke überträgt man die Zugkraft auf die an der Gehäuseseitenwand befestigten Schwerter und durch diese auf die Schleifen. Das Ziehen und Abstoßen der Register erfordert mehr Kraft als üblich. Da im Regierwerk die Hebelgesetzte nicht beachtet werden. Eine Änderung der Konstruktion war aber nicht möglich. Im Regierwerk werden neue Messingstifte gesetzt und die ursprünglich recht primitiven Verbindungen zwischen Schwertern und Schleifen erneuert.“

Das Pfeifenwerk „Bei der Übernahme des Instrumentes standen folgende Register auf der Lade (von vorn nach hinten): Prinzipal 4‘ (C, Cs, D, Dis gedeckt, E-h² offen) Gamba 4‘ Flöte 4‘ (gedeckt) Gambe 2‘ Prinzipal 2‘ Oktave 2‘ Quinte 1 1/3‘ Oktave 1‘ Baß 8‘ (Gedackt)

Das nur aus Holz bestehende Pfeifenwerk war nicht mehr ganz vollständig. Insbesondere fehlten kleinere Pfeifen, die durch Restpfeifen des gleichen Erbauers ersetzt werden konnten. Teilweise waren die Pfeifen auch innerhalb der Register vertauscht worden. Die offenen Pfeifen hatten Stimmplatten aus geglühtem Zink, die durch Zinnplatten ersetzt wurden. Sämtliche Pfeifen waren rotbraun gebeizt und mit Leim ausgegossen. Das als Oktave 2‘ bezeichnete Register befand sich ursprünglich nicht in der Orgel, wie die ungebeizten Pfeifen erkennen ließen. Auf der zugehörigen Schleife stand mit Bleistift die Bezeichnung „Terz“. Von diesem Register waren nur noch einzelne Pfeifen auf dem Hausboden erhalten geblieben. Die Pfeifenkörper des ganzen Werkes bestehen aus Fichte, die Vorschläge und die Vorderflächen mit den Oberlabien sowie die gedrechselten Pfeifenfüße aus Birnbaum und Eiche. Durch Wurmfraß und Imprägnierung waren die Pfeifen stark in Mitleidenschaft gezogen worden, nur wenige sprachen noch exakt an. So war das Überarbeiten, Sortieren, Ergänzen und Vorintonieren sowie die Intonation auf der Lade die wohl schwierigste und aufwendigste Arbeit bei der Wiederherstellung des Instruments überhaupt. (auch das Register Oktave 1‘ ist ohne Repetition bis h² in Holz ausgeführt.) Da die Pfeifen deutliche Spuren von späteren Eingriffen an der Länge und damit an der Stimmung zeigten, war die Wahl des heutigen Stimmtones mit 40 Hz gerechtfertigt. Eingreifende Veränderungen im Bereich der Kernspalten und Labien wurden nicht vorgenommen. Die Terz 1 3/5‘ wurde von h° an als c. f.-Register aus noch vorhandenen Pfeifen zusammengestellt. Da außer Prinzipal 4‘ und Flöte 4‘ noch eine Gambe 4‘ als drittes 4‘-Register enthalten war, bot ich die Kürzung der Gambe 4‘ zur Quinte 2 2/3‘ an. Gerade dieses Register bereichert die Farbigkeit des Instrumentes ungemein.“

Gehäuse: Gehäuse

„Das schrankartige Gehäuse (Breite 160 cm, Höhe 220 cm, Tiefe 100 cm) besteht aus zwei Hälften (gezinkt, in Massivbauweise), die durch Klammern an Boden und Decke sowie durch die Rückwand zusammengehalten werden. Es stellt das Gerüst für das ganze Werk dar. Vorn stützen zwei senkrechte Bretter und ein Querbrett, auf dem die Klaviatur aufliegt, das Gehäuse ab. Die Vorderfläche in Rahmenbauweise mit Füllungen ist aufgesetzt und abnehmbar. Je zwei Türen verschließen Klaviatur (Spielschrank) und Pfeifenwerk. Der Boden des Gehäuses musste neu gefertigt werden, da der alte zu stark vom Holzwurm zerstört war. Auf seiner Unterseite befand sich eine Bleistiftskizze des Wellenbrettes der Orgel. Das Gehäuse war zum Teil mehrfach mit Farbe überstrichen. Die Farbschichten wurden abgebeizt. Die Leisten und Profile waren ehemals schwarz gestrichen gewesen, die übrigen Flächen ließen einen holzfarbenen Anstrich vermuten. Da die Gehäuseform und die ehemalige Farbgebung stilmäßig nicht einzuordnen waren, erfolgte eine farbliche Neugestaltung durch einen Restaurator in Weiß, mit Grau und Gold abgesetzt. Die ehemals primitiven Scharniere aus Messingblech an den Türen wurden durch alte Messingscharniere ersetzt.“

Stimmtonhöhe: 40 Hz
Windladen: Schleiflade
Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: mechanisch
Registeranzahl: 9
Manuale: 1, C-h²





MANUAL

9

Gedackt 8‘

Prinzipal 4‘

Flöte 4‘

Quinte 2 2/3‘

Prinzipal 2‘

Gambe 2‘

Terz 1 3/5‘ ab h°

Quinte 1 1/3‘

Oktave 1‘



Bibliographie

Literatur: Hackel, Wolfram: Zum Wiedererklingen einer Hausorgel. In: Ars Organi 1979, 27. Jg., Heft 58, S,484-488.