Wurzen, St. Wenceslai: Unterschied zwischen den Versionen

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1588 bestimmte Bürgermeister Peter Quellmalz in seinem Testament 50 Gulden für das Aufmalen der Orgel.
 
1588 bestimmte Bürgermeister Peter Quellmalz in seinem Testament 50 Gulden für das Aufmalen der Orgel.
 
1637 wurde die Kirche von den Schweden niedergebrannt.  
 
1637 wurde die Kirche von den Schweden niedergebrannt.  
Die Stadtkirche in ihrem heutigen Erscheinungsbild entstand in den Jahren 1663-1673. Für eine neue Orgel reichte das Geld nicht. Man musste sich mit einem Positiv begnügen, das man einem Leipziger Rauchwarenhändler namens Buhle abkaufte. Ein Leipziger Orgelbauer fügte ihm sechs Bassstimmen hinzu und machte es so einer Orgel ähnlich. Das ganze Werk hatte der Gemeinde 110 Taler gekostet.
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Die Stadtkirche in ihrem heutigen Erscheinungsbild entstand in den Jahren 1663-1673. Für eine neue Orgel reichte das Geld nicht. Man musste sich mit einem Positiv begnügen, das man einem Leipziger Rauchwarenhändler namens Buhle abkaufte. Ein Leipziger Orgelbauer fügte ihm sechs Bassstimmen hinzu und machte es so einer Orgel ähnlich. Das ganze Werk hatte die Gemeinde 110 Taler gekostet.
1706 ersetzte man die Orgel durch einen neue. Sie wurde 1716 gemalt und 1750 von Orgelbauer Gottlob Teuschner in einen dauerhaften Zustand versetzt.
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1706 ersetzte man die Orgel durch eine neue. Sie wurde 1716 gemalt und 1750 von Orgelbauer Gottlob Teuschner in einen dauerhaften Zustand versetzt.
 
Nach und nach wurde die gesamte barocke Innenausstattung neu geschaffen. 1719 entstand die Südempore und der Singechor. Die umfangreiche und qualitätvolle barocke Ausstattung der Kirche ging mit der Modernisierung im 19. Jahrhundert verloren. 1873/74 renovierte der Baumeister Hugo Altendorff (1843–1933) die Wenceslaikirche und modernisierte sie in neugotischem Sinne.
 
Nach und nach wurde die gesamte barocke Innenausstattung neu geschaffen. 1719 entstand die Südempore und der Singechor. Die umfangreiche und qualitätvolle barocke Ausstattung der Kirche ging mit der Modernisierung im 19. Jahrhundert verloren. 1873/74 renovierte der Baumeister Hugo Altendorff (1843–1933) die Wenceslaikirche und modernisierte sie in neugotischem Sinne.
 
Die neue Orgel baute Carl Bernecker aus Leipzig. Ihre Vollendung verzögerte sich, sodass die Weihe der erneuerten Kirche erst 1874 stattfand.
 
Die neue Orgel baute Carl Bernecker aus Leipzig. Ihre Vollendung verzögerte sich, sodass die Weihe der erneuerten Kirche erst 1874 stattfand.
 
Die von Carl Bernecker erbaute Orgel entsprach in keiner Hinsicht den an sie geknüpften Erwartungen. Schon 1887 erkannte man ihre Ausbesserungsbedürftigkeit an und 1895 musste man die zwingende Notwendigkeit, eine neue Orgel zu erbauen, anerkennen. Im Januar 1900 wurde in einer Sitzung über die bisherige Orgel ein vernichtendes Urteil gefällt: Sie sei schlecht angelegt, schlecht gebaut, meist von schlechtem Material und unrettbar dem Holzwurm verfallen.  
 
Die von Carl Bernecker erbaute Orgel entsprach in keiner Hinsicht den an sie geknüpften Erwartungen. Schon 1887 erkannte man ihre Ausbesserungsbedürftigkeit an und 1895 musste man die zwingende Notwendigkeit, eine neue Orgel zu erbauen, anerkennen. Im Januar 1900 wurde in einer Sitzung über die bisherige Orgel ein vernichtendes Urteil gefällt: Sie sei schlecht angelegt, schlecht gebaut, meist von schlechtem Material und unrettbar dem Holzwurm verfallen.  
Nach längeren Verhandlungen schloss man am 16. März 1902 mit den Hoforgelbaumeistern Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil) in Dresden einen Vertrag, in dem sie sich verpflichteten, eine bestens intonierte, rein gestimmte Orgel mit 39 klingenden Registern, zwei Manualen und einem Pedal für die Summe von 12665 Mark zu bauen, ein Orgelwerk, das die Gewähr langer Dauer in sich trage, dessen Klangfülle selbst bei vollbesetzte Kirche völlig ausreiche und das allen Anforderungen an eine künstlerisch vollendete Leistung entspreche. Hier zu kam noch das Gehäuse, dessen Preis auf 2080 Mark festgesetzt ward. Hiervon gingen ab 445 Mark für die alte Orgel. Es machte sich aber noch eine Tieferlegung der Orgelempore nötig. Musikdirektor Moritz Vogel au Leipzig fällte nach einer eingehenden Erprobung der Orgel das Urteil: „Die Orgel hat in den vollen Werken gerade überraschende Tonfülle, der Klang ist allenthalben würdig und edel“.
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Nach längeren Verhandlungen schloss man am 16. März 1902 mit den Hoforgelbaumeistern Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil) in Dresden einen Vertrag, in dem sie sich verpflichteten, eine bestens intonierte, rein gestimmte Orgel mit 39 klingenden Registern, zwei Manualen und einem Pedal für die Summe von 12665 Mark zu bauen; ein Orgelwerk, das die Gewähr langer Dauer in sich trage, dessen Klangfülle selbst bei vollbesetzter Kirche völlig ausreiche und das allen Anforderungen an eine künstlerisch vollendete Leistung entspreche. Hinzu kam noch das Gehäuse, dessen Preis auf 2080 Mark festgesetzt ward. Hiervon gingen 445 Mark für die alte Orgel ab. Es wurde aber noch eine Tieferlegung der Orgelempore nötig. Musikdirektor Moritz Vogel aus Leipzig fällte nach einer eingehenden Erprobung der Orgel das Urteil: „Die Orgel hat in den vollen Werken gerade überraschende Tonfülle, der Klang ist allenthalben würdig und edel“.
 
1931 erfolgte eine Umdisponierung der Orgel durch die Orgelbaufirma Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden.
 
1931 erfolgte eine Umdisponierung der Orgel durch die Orgelbaufirma Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden.
 
1955 führte Orgelbauer Hermann Lahmann aus Leipzig eine Reparatur an der Orgel aus.
 
1955 führte Orgelbauer Hermann Lahmann aus Leipzig eine Reparatur an der Orgel aus.
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Aktuelle Version vom 22. August 2022, 07:51 Uhr


Wurzen, St. Wenceslai, Jehmlich-Orgel 2017
Wurzen, St. Wenceslai, Jehmlich-Orgel, Orgel im Raum
Wurzen, St. Wenceslai, Jehmlich-Orgel, Spieltisch 2017
Orgelbauer: Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden, op. 170
Baujahr: 1901
Geschichte der Orgel: Die Kirche wurde vermutlich im 13. Jahrhundert gegründet und lag außerhalb der Stadtmauern.

Die heutige Kirche errichtete Bischof Johann VI. von Salhausen um 1513 als spätgotische Hallenkirche mit einem Westturm und einem eingezogenen Chor im Osten. 1588 bestimmte Bürgermeister Peter Quellmalz in seinem Testament 50 Gulden für das Aufmalen der Orgel. 1637 wurde die Kirche von den Schweden niedergebrannt. Die Stadtkirche in ihrem heutigen Erscheinungsbild entstand in den Jahren 1663-1673. Für eine neue Orgel reichte das Geld nicht. Man musste sich mit einem Positiv begnügen, das man einem Leipziger Rauchwarenhändler namens Buhle abkaufte. Ein Leipziger Orgelbauer fügte ihm sechs Bassstimmen hinzu und machte es so einer Orgel ähnlich. Das ganze Werk hatte die Gemeinde 110 Taler gekostet. 1706 ersetzte man die Orgel durch eine neue. Sie wurde 1716 gemalt und 1750 von Orgelbauer Gottlob Teuschner in einen dauerhaften Zustand versetzt. Nach und nach wurde die gesamte barocke Innenausstattung neu geschaffen. 1719 entstand die Südempore und der Singechor. Die umfangreiche und qualitätvolle barocke Ausstattung der Kirche ging mit der Modernisierung im 19. Jahrhundert verloren. 1873/74 renovierte der Baumeister Hugo Altendorff (1843–1933) die Wenceslaikirche und modernisierte sie in neugotischem Sinne. Die neue Orgel baute Carl Bernecker aus Leipzig. Ihre Vollendung verzögerte sich, sodass die Weihe der erneuerten Kirche erst 1874 stattfand. Die von Carl Bernecker erbaute Orgel entsprach in keiner Hinsicht den an sie geknüpften Erwartungen. Schon 1887 erkannte man ihre Ausbesserungsbedürftigkeit an und 1895 musste man die zwingende Notwendigkeit, eine neue Orgel zu erbauen, anerkennen. Im Januar 1900 wurde in einer Sitzung über die bisherige Orgel ein vernichtendes Urteil gefällt: Sie sei schlecht angelegt, schlecht gebaut, meist von schlechtem Material und unrettbar dem Holzwurm verfallen. Nach längeren Verhandlungen schloss man am 16. März 1902 mit den Hoforgelbaumeistern Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil) in Dresden einen Vertrag, in dem sie sich verpflichteten, eine bestens intonierte, rein gestimmte Orgel mit 39 klingenden Registern, zwei Manualen und einem Pedal für die Summe von 12665 Mark zu bauen; ein Orgelwerk, das die Gewähr langer Dauer in sich trage, dessen Klangfülle selbst bei vollbesetzter Kirche völlig ausreiche und das allen Anforderungen an eine künstlerisch vollendete Leistung entspreche. Hinzu kam noch das Gehäuse, dessen Preis auf 2080 Mark festgesetzt ward. Hiervon gingen 445 Mark für die alte Orgel ab. Es wurde aber noch eine Tieferlegung der Orgelempore nötig. Musikdirektor Moritz Vogel aus Leipzig fällte nach einer eingehenden Erprobung der Orgel das Urteil: „Die Orgel hat in den vollen Werken gerade überraschende Tonfülle, der Klang ist allenthalben würdig und edel“. 1931 erfolgte eine Umdisponierung der Orgel durch die Orgelbaufirma Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden. 1955 führte Orgelbauer Hermann Lahmann aus Leipzig eine Reparatur an der Orgel aus. Seit 1975 ist das Kirchenschiff wegen baulicher Mängel nicht mehr in Gebrauch. Die Kirche wurde wegen Schwammbefalls geschlossen. Ein Teil der Kassettendecke stürzte ab. Die Orgel ist im ursprünglichen Zustand vorhanden, aber nicht spielbar. 2017 wurde der Motor der Windmaschine saniert und wieder angeschlossen. Eine Restaurierung der Orgel ist geplant.

Windladen: Taschenladen
Spieltraktur: pneumatisch
Registertraktur: pneumatisch
Registeranzahl: 40
Manuale: 2, C-f³
Pedal: C-f1
Spielhilfen, Koppeln: nach Orcasa

Manualkoppel

Pedalkoppel I und II

Octavkoppel I. Manual

Generalkoppel

Calcant

Feste Kombinationen (Gruppen) P, MF, F, FF

Freie Kombination 1

Walze

Koppeln ab

Rohrwerke ab

Druckregister ab

Handregister ab



Disposition der Jehmlich-Orgel 2017 nach Wikipedia

I HAUPTWERK II SCHWELLWERK PEDAL
Bourdun 16‘

Principal 8‘

Fugara 8‘ [1]

Konzertflöte 8‘

Quintatön 8‘

Salicional 8‘ [2]

Gedackt 8‘

Dolce 8‘

Oktave 4‘

Rohrflöte 4‘

Gemshorn 4‘

Rauschquinte 2 2/3‘+2‘

Mixtur IV 2‘ [3]

Cornett 3-4fach [4]

Trompete 8‘

Gedackt 16‘

Geigenprinzipal 8‘

Gambe 8‘

Hohlflöte 8‘

Rohrflöte 8‘

Äoline 8‘

Vox celeste 8‘

Violine 8‘

Oktave 4‘

Harmonieflöte 4‘ [5]

Quinte 2 2/3‘ [6]

Piccolo 2‘

Sifflöte 1‘ [7]

Mixtur IV 1 1/3‘ [8]

Oboe 8‘

Principalbaß 16‘

Violonbaß 16‘

Subbaß 16‘

Gedacktbaß 16‘

Oktavbaß 8‘ [9]

Flötenbaß 8‘

Cello 8‘

Oktavbaß 4‘

Posaunenbaß 16‘ [10]

Trompetenbaß 8‘ [11]

[12]


Anmerkungen:

  1. Jehmlich 1910, Fugara 4‘
  2. Jehmlich 1910, nicht vorhanden
  3. Orcasa + Jehmlich 1910, Mixtur 4fach
  4. Jehmlich 1910, Cornett 4fach
  5. Jehmlich 1910, Konzertflöte 4‘; Orcasa, Harmonia aetherea 4‘
  6. Wikipedia, Quinte seit 1941; Orcasa, Quinte 3‘
  7. seit 1941, vormals Salicional 8‘
  8. Jehmlich 1910 + Orcasa Mixtur 3fach
  9. Jehmlich 1910 nicht vorhanden
  10. Orcasa, Posaune 16‘
  11. Orcasa, Trompete 8‘
  12. Principalbaß 8‘, Violoncello 8‘ von Katalog 1910 nicht mehr vorhanden


Disposition der Orgel von Carl Bernecker (II/26) aus dem Jahr 1874, nach Oehme

HAUPTWERK OBERWERK PEDAL
Principal 8 Fuss

Bordun 16 Fuss

Doppelflöte 8 Fuss

Gamba 8 Fuss

Gemshorn 8 Fuss

Octave 4 Fuss

Flauto amabile 4 Fuss

Quinte 2 2/3 Fuss

Octave 2 Fuss

Cornett 3fach

Mixtur 3fach

Principal 8 Fuss

Gedackt 8 Fuss

Flauto amabile 8 Fuss

Flauto d’amour 8 Fuss

Salicional 8 Fuss

Octave 4 Fuss

Flauto traverso 4 Fuss

Nasard 2 2/3 Fuss

Waldflöte 2 Fuss

Subbass 16 Fuss

Violonbass 16 Fuss

Posaunenbass 16 Fuss

Quintbass 10 2/3 Fuss

Principalbass 8 Fuss

Gedacktbass 8 Fuss

NEBENZÜGE

Manualcoppel, Pedalkoppel, Klingel zum Calcant.

Es sind 2 Kastenbälge vorhanden.

Im ganzen Werke stehen circa 1400 tönende Pfeifen.

Oehme Bd. I, S.224-225



Bibliographie

Literatur: Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen, Orgeldatenbank ORKASA

Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH

Gebrüder Jehmlich, Königl. Sächs. Hoforgelbauer-N, Dresden 1910. S.76 Empfehlungsschreiben der Superindentur Grimma, S.109 Disposition.

Lexikon norddeutscher Orgelbauer, Bd.2, Sachsen und Umgebung, Pape-Verlag Berlin, 2012. S.30 Bernecker, Carl (1844-nach 1890; S.171 Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil); S.394 Teuschner, Gottlob.

Oehme, Fritz: Handbuch über ältere, neuere und neueste Orgelwerke im Königreich Sachsen, Leipzig, Edition Peters, Reprints, 1978. Bd. I, S.224, Orgel von Carl Bernecker (1844-nach 1890).

Oehme, Fritz: Handbuch über ältere, neuere und neueste Orgelwerke im Königreich Sachsen, Leipzig, Edition Peters, Reprints, 1978, Supplement. S.174.

Oehme, Fritz: Handbuch über die Orgelwerke in der Kreishauptmannschaft Leipzig 1905. Eine Handschrift aus dem Besitz der Universitätsbibliothek Leipzig, herausgegeben und ergänzt von Wolfram Hackel, Pape Verlag Berlin, 1994. S.156 Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil).

Sander, Andrea: Der Dom St. Marien und die Kirche St. Wenceslai zu Wurzen. In: Sächsische Heimatblätter 3/15, S.228-237.

Die Ephorie Grimma rechts der Mulde. Neue sächsische Kirchengalerie. Leipzig, Strauch 1914, St. Wenceslai, Spalte 22-36.

Weblinks: Wikipedia, Stadtkirche, St. Wenceslai, Wurzen

Wenceslaikirche Wurzen, Kirchengeschichte

SLUB Dresden, digital, Neue Sächsische Kirchengalerie. Die Ephorie Grimma rechts der Mulde, 1914, St. Wenceslai