Prüm, St. Salvator: Unterschied zwischen den Versionen

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|GESCHICHTE      = Für 1574 bestätigt ein Visitationsprotokoll das Vorhandensein einer in den Reformationswirren untauglich gewordenen Orgel, die 1581 neu hergerichtet wurde.
 
|GESCHICHTE      = Für 1574 bestätigt ein Visitationsprotokoll das Vorhandensein einer in den Reformationswirren untauglich gewordenen Orgel, die 1581 neu hergerichtet wurde.
  
Die heutige Basilika wurde ab 1721 von Johann Georg Judas als Nachfolger der mittelalterlichen „Goldenen Kirche“ erbaut; sie stellt den größten Kirchenneubau des 18. Jahrhunderts im Erzbistum Trier dar.  
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Die heutige Basilika wurde ab 1721 von Johann Georg Judas als Nachfolgerin der mittelalterlichen „Goldenen Kirche“ erbaut; sie stellt den größten Kirchenneubau des 18. Jahrhunderts im Erzbistum Trier dar.  
  
 
Da in der Folge auch die sich anschließenden Gebäude der Benediktinerabtei neu errichtet wurden, fehlte für die Anschaffung einer dem Kirchenraum angemessenen Orgel zunächst das Geld. Deren Neubau kam erst 1783-86 zustande.
 
Da in der Folge auch die sich anschließenden Gebäude der Benediktinerabtei neu errichtet wurden, fehlte für die Anschaffung einer dem Kirchenraum angemessenen Orgel zunächst das Geld. Deren Neubau kam erst 1783-86 zustande.
  
Das 1786 von Johann Bernhard Nollet (Orval) fertiggestellte Instrument verfügte über 25 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Die Orgelbauerfamilie Nollet baute oft als einziges Pedalregister eine Posaune 16‘. In der unten wiedergegebenen Disposition finden sich dagegen gemäß Wiedergabe bei Bösken/Fischer/Thömmes (siehe unten) keine Pedalregister; Tremulant und Glockenspiel wären nach der Quelle in der Zählung der 25 genannten Registern enthalten. Vermutlich war das Pedal des Prümer Instruments nur angehängt, d.h. ganz ohne eigene Register. Auffallend ist jedenfalls, dass die Disposition kein 16‘-Prinzipalregister, auf das das Gehäuse zweifelsohne ausgelegt ist, nennt. So war mit dem Schreiner des Gehäuses vertraglich vereinbart worden: „Die hohe von Pedal binnen licht 18 Schuh muss haben (...).“ Eventuell war der Bau eines offenen 16‘-Registers für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen und/oder der Prospekt war zunächst nur mit Attrappen besetzt, wie es zum Beispiel auch bei der König-Orgel im Kloster Steinfeld der Fall war (dort waren Holzattrappen in den Pedaltürmen eingebaut). Neben dem Register Flaut travers 8‘ Discant wird im Positiv eine Floet travers Discant ohne Angabe einer Fußtonlage erwähnt; evtl. könnte es sich in Analogie zu der dort vorhandenen Viol di Gamba 16‘ bei der zweiten Nennung ebenfalls um ein 16‘-Diskantregister handeln, wenn kein Übertragungsfehler vorliegt. Dagegen fehlt im Positiv ein grundlegendes, auch im Bass ausgebautes Labialregister wie Bourdon 8‘. Die am Ende der Positivregister genannte „Trompete Ristit 18‘ Discant“ wirft ebenfalls Fragen auf, möglicherweise handelt es sich um einen Schreib- oder Übertragungsfehler und es war Trompete Récit 8‘ Diskant für ein solistisch verwendbares Register gemeint.  
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Das 1786 von Johann Bernhard Nollet (Orval) fertiggestellte Instrument verfügte über 25 Registern auf zwei Manualen und Pedal.  
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Die bei Bösken/Fischer/Thömmes (siehe unten) wiedergegebene Disposition der Orgel wirft einige Fragestellungen auf. Tremulant und Glockenspiel wären nach der Quelle in der Zählung der 25 genannten Register enthalten, dagegen sind keine Pedalregister aufgeführt. Vermutlich war das Pedal dieses Instruments also nur angehängt, d.h. nicht mit eigenen Registern besetzt, sondern nur zum Spiel der tiefen Töne des Hauptwerkes dienend. Dagegen ist bekannt, dass die Orgelbauerfamilie Nollet oft als einziges Pedalregister eine Posaune 16‘ baute; dieses Register ist aber nicht explizit im Vertrag für Prüm genannt.  
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Auffallend ist weiterhin, dass die Disposition kein 16‘-Prinzipalregister, auf das das Gehäuse zweifelsohne ausgelegt ist, nennt. So war mit dem Schreiner des Gehäuses vertraglich vereinbart worden: „Die hohe von Pedal binnen licht 18 Schuh muss haben (...).“ Eventuell war der Bau eines offenen 16‘-Registers für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen und/oder der Prospekt war zunächst nur mit Attrappen besetzt, wie es zum Beispiel auch bei der König-Orgel im Kloster Steinfeld der Fall war (dort waren Holzattrappen in den Pedaltürmen eingebaut). Neben dem Register Flaut travers 8‘ Discant wird im Positiv eine Floet travers Discant ohne Angabe einer Fußtonlage erwähnt; evtl. könnte es sich in Analogie zu der dort vorhandenen Viol di Gamba 16‘ bei der zweiten Nennung ebenfalls um ein 16‘-Diskantregister handeln, wenn kein Übertragungsfehler vorliegt. Dagegen fehlt im Positiv ein grundlegendes, auch im Bass ausgebautes Labialregister wie Bourdon 8‘. Die am Ende der Positivregister genannte „Trompete Ristit 18‘ Discant“ wirft ebenfalls Fragen auf, möglicherweise handelt es sich um einen Schreib- oder Übertragungsfehler und es war Trompete Récit 8‘ Diskant für ein solistisch verwendbares Register gemeint.  
  
 
Nach dem Einmarsch der französischen Soldaten 1794 wurde die Orgel geplündert und die Spielanlage zerstört.
 
Nach dem Einmarsch der französischen Soldaten 1794 wurde die Orgel geplündert und die Spielanlage zerstört.

Version vom 12. Juli 2019, 10:48 Uhr


Klais-Orgel (1973) im Gehäuse der Nollet-Orgel von 1786
Klais-Orgel (1973) im Gehäuse der Nollet-Orgel von 1786, Raumansicht
Klais-Orgel (1973) im Gehäuse der Nollet-Orgel von 1786, Seitenansicht von links
Klais-Orgel (1973) im Gehäuse der Nollet-Orgel von 1786, Prospektdetail
Orgelbauer: Johannes Klais, Bonn
Baujahr: 1973
Geschichte der Orgel: Für 1574 bestätigt ein Visitationsprotokoll das Vorhandensein einer in den Reformationswirren untauglich gewordenen Orgel, die 1581 neu hergerichtet wurde.

Die heutige Basilika wurde ab 1721 von Johann Georg Judas als Nachfolgerin der mittelalterlichen „Goldenen Kirche“ erbaut; sie stellt den größten Kirchenneubau des 18. Jahrhunderts im Erzbistum Trier dar.

Da in der Folge auch die sich anschließenden Gebäude der Benediktinerabtei neu errichtet wurden, fehlte für die Anschaffung einer dem Kirchenraum angemessenen Orgel zunächst das Geld. Deren Neubau kam erst 1783-86 zustande.

Das 1786 von Johann Bernhard Nollet (Orval) fertiggestellte Instrument verfügte über 25 Registern auf zwei Manualen und Pedal.

Die bei Bösken/Fischer/Thömmes (siehe unten) wiedergegebene Disposition der Orgel wirft einige Fragestellungen auf. Tremulant und Glockenspiel wären nach der Quelle in der Zählung der 25 genannten Register enthalten, dagegen sind keine Pedalregister aufgeführt. Vermutlich war das Pedal dieses Instruments also nur angehängt, d.h. nicht mit eigenen Registern besetzt, sondern nur zum Spiel der tiefen Töne des Hauptwerkes dienend. Dagegen ist bekannt, dass die Orgelbauerfamilie Nollet oft als einziges Pedalregister eine Posaune 16‘ baute; dieses Register ist aber nicht explizit im Vertrag für Prüm genannt.

Auffallend ist weiterhin, dass die Disposition kein 16‘-Prinzipalregister, auf das das Gehäuse zweifelsohne ausgelegt ist, nennt. So war mit dem Schreiner des Gehäuses vertraglich vereinbart worden: „Die hohe von Pedal binnen licht 18 Schuh muss haben (...).“ Eventuell war der Bau eines offenen 16‘-Registers für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen und/oder der Prospekt war zunächst nur mit Attrappen besetzt, wie es zum Beispiel auch bei der König-Orgel im Kloster Steinfeld der Fall war (dort waren Holzattrappen in den Pedaltürmen eingebaut). Neben dem Register Flaut travers 8‘ Discant wird im Positiv eine Floet travers Discant ohne Angabe einer Fußtonlage erwähnt; evtl. könnte es sich in Analogie zu der dort vorhandenen Viol di Gamba 16‘ bei der zweiten Nennung ebenfalls um ein 16‘-Diskantregister handeln, wenn kein Übertragungsfehler vorliegt. Dagegen fehlt im Positiv ein grundlegendes, auch im Bass ausgebautes Labialregister wie Bourdon 8‘. Die am Ende der Positivregister genannte „Trompete Ristit 18‘ Discant“ wirft ebenfalls Fragen auf, möglicherweise handelt es sich um einen Schreib- oder Übertragungsfehler und es war Trompete Récit 8‘ Diskant für ein solistisch verwendbares Register gemeint.

Nach dem Einmarsch der französischen Soldaten 1794 wurde die Orgel geplündert und die Spielanlage zerstört.

1863 wurde die Nollet-Orgel durch einen Neubau mit 40 Registern auf zwei Manualen von Heinrich Wilhelm Breidenfeld, Trier, im alten Gehäuse ersetzt. 1914 arbeitete die Firna Stahlhut (Aachen) an der Orgel und fügte unter anderem einen neuen Prinzipalbass 16‘ hinzu.

Nach Kriegszerstörungen stellte Orgelbau Klais (Bonn) 1951 einen auf drei Manuale und 48 Register ausgelegten neuen Spieltisch mit elektrischen Trakturen auf, führte aber lediglich einen Teilausbau der Orgel mit 13 Registern auf zwei Manualen aus.

1973 wurde dann die heutige Orgel erbaut, allerdings mit mechanischer Spieltraktur, anders, als es 1951 vorgesehen war. Die Firma Klais verwendete das imposante Gehäuse der Nollet-Orgel weiter, daneben auch die ausgezeichnet gearbeiteten Schleifladen von Breidenfeld für Hauptwerk und Positiv und die offene Holzflöte des Hauptwerks. Gegen den Willen eines Trierer Orgelsachverständigen, der für die große Kirche (über 42.000 Kubikmeter Rauminhalt) eine Orgel mit lediglich 25 Registern als ausreichend erachtete, konnten Kantor Josef Monter und Pastor Robert Lürtzener eine Vergrößerung der Disposition auf 43 Register erwirken. Die neue Klais-Orgel greift in Disposition und klanglicher Ästhetik den franko-flämischen Stil Nollets auf.

Bei der umfangreichen Innensanierung der Basilika 2018/19 wurde die Orgel eingehaust. Sie wird bis Ende August 2019 von der Firma Orgelbau Fasen, Oberbettingen, saniert und gereinigt.

Gehäuse: 1783, Johann Baptist Molitor, möglicherweise nach einem Entwurf von Johannes Seiz (kurfürstlicher Hofbaumeister und Architekt des Abteigebäudes)
Temperatur (Stimmung): gleichstufig
Windladen: Schleifladen
Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: elektrisch
Registeranzahl: 43
Manuale: 3 C-g3
Pedal: C-f1
Spielhilfen, Koppeln: Normalkoppeln, Subkoppel SW-HW (in den 1990er Jahren eingebaut), seit 1996 4 x 1.024 Setzerkombinationen (ursprünglich Sternchensetzer mit sechs mechanischen Setzerkombinationen)



Klais-Orgel (1973)

I. Positiv II. Hauptwerk III. Schwellwerk Pedal
Bourdon 8'

Quintade 8'

Principal 4'

Waldflöte 4'

Oktave 2'

Quinte 11/3'

Sesquialtera 2fach 22/3'

Scharff 3-4fach 1'

Cromorne 8'

Tremulant

Bourdon 16'

Principal 8'

Flute ouverte 8'

Salicional 8'

Octave 4'

Rohrflöte 4'

Quinte 22/3'

Superoctave 2'

Cornet 4fach 4'

Mixtur 4fach 11/3'

Cymbel 3fach 1/2'

Trompete 8'

Rohrflöte 8'

Gamba 8'

Schwebung 8'

Fugara 4'

Flötgedackt 4'

Nasard 22/3'

Schweizerpfeife 2'

Terz 13/5'

Sifflet 1'

Acuta 5fach 2'

Basson 16'

Hautbois 8'

Tremulant

Principal 16'

Subbass 16'

Octave 8'

Holzflöte 8'

Octave 4'

Spitzflöte 4'

Hintersatz 4fach 22/3'

Posaune 16'

Trompete 8'

Clarine 4'

Breidenfeld-Orgel (1863, nicht erhalten)

Manual I Manual II Pedal
Principal 16'

Bourdon 16'

Principal 8'

Fleute ouverte 8'

Viola di Gamba 8'

Quintatön 8'

Fleute traverse 4'

Waldflöte 4'

Octav 4'

Quinte 3'

Superoctav 2'

Mixtur 4fach

Cymbel 3fach

Cornett 4fach

Trompete 8' B+D

Viola di Gamba 16'

Echo Salicional 16'

Principal 8'

Fleute travers 8'

Salicional 8'

Stillgedackt 8'

Fleute amour 4'

Gemshorn 4'

Octav 4'

Quinte 3'

Stillflöte 2'

Octav 2'

Mixtur 3fach

Baßetthorn 8'

Principalbaß 16' (1914 eingeb.)

Violonbaß 16'

Subbaß 16'

Praestant 8'

Violoncello 8'

Octav 4'

Schweizerbaß 2'

Posaune 16'

Trompete 8'

Clarine 4'

Cornettino 2'




Nollet-Orgel (1786, nicht erhalten)

Hauptwerk Positive vier fuß
Montre 8'

Bourdon 8'

Viol di Gamba 8'

Octave 4'

Quint 3'

Octave 2'

Terz 13/5'

Mixtur 4fach

Cornete 5fach

Trompet 8' B+D

Clairon 4' B+D

Vox Angelica 2' B

Montre 4'

Flaut 4'

Flaut travers 8' D

Gedeckte Quint (22/3'?)

Octave 2'

Krumbhorn 8' B+D

Vox Humana 8' B+D

Hubois (8'?)

Viol di Gamba 16' D

Floet travers D (8' oder 16'?)

Trompet Ristit (Récit?) 18' (?) D

Tremulant

Glockenspiel




Bibliographie

Anmerkungen: Fotos: Martin Schmitz, 15./16. Juni 2019
Literatur: Wiedergabe der Disposition der Nollet-Orgel nach der Darstellung in Bösken / Fischer / Thömmes, Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheines, Band 4/2, S. 864f.
Weblinks: Informationen zur Innenrenovierung der Basilika auf der Homepage der Pfarreiengemeinschaft Prüm

Wikipedia-Eintrag zur Salvator-Basilika