Leipzig/Lindenau, Philippuskirche

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Orgelbauer: Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden, op.287
Baujahr: 1910
Geschichte der Orgel: „Die Orgel wurde 1910 von der Firma Gebrüder Jehmlich, Dresden, als Opus 287 erbaut und am 6. November 1910 eingeweiht. Paul Gerhardt, Zwickau, entwarf die Disposition und die Spieltischeinrichtung sowie die Zusammensetzung der festen Kombinatio¬nen und des Register¬crescendos. Das Instrument hat pneumatische Traktur und Kegelladen. Der Spieltisch ist auf der linken Seite der Orgelbühne aufgestellt. Laden und Pfeifenwerk des II. und III. Manuals stehen in einer gemeinsamen Schwell¬kammer.

Die Ausführung erfolgte mit zahlreichen Abweichungen vom Kostenanschlag der Fa. Jehmlich vom 11. Januar 1909 und von den Entwürfen und Vorschlägen Gerhardts (unter anderem in dessen Schreiben an Orgelbaumeister Bruno Jehmlich vom 10. Mai 1909). Aus Kostengründen wurden einige Register technisch vorgesehen, aber noch nicht mit Pfeifen besetzt. Somit hatte die Orgel ursprünglich 48 Register (gegenwärtig 50 klingende Register),

6 Extensionen,

19 Transmissionen,

1 Mixtur-Auszug und

1 Register mit vorgeschaltetem Tremulanten.

5 Register waren für späteren Einbau vorgesehen. Nachträglich wurde ein Register davon ergänzt, ein ursprünglich zweichöriges Register wurde geteilt.

1 Register ist nur im Spieltisch angelegt.

Angelegt sind also 81 Registerschaltungen einschließlich der Mehrfach-nutzungen, davon 54 (= 67%!) für Register im Schweller.

1937 wurden einige Register verändert und die 30-fache Frei¬kombination entfernt, aber im Orgelinneren aufbewahrt.

1958 erhielten alle Mixturen eine neue Zusam¬mensetzung und Intonation.“ Greß

1980 war eine Reparatur angedacht, aber aus finanziellen Gründen nicht möglich. Zuletzt war das Instrument nicht mehr zur musikalischen Nutzung geeignet. Der Orgelprospekt war noch in einem recht guten Zustand. Für das Innenwerk wurde eine gründliche Restaurierung und Reinigung angefordert. Die Ledermembranen sollten erneuert werden. Wegen Schäden an der Traktur waren einige Pfeifen nicht mehr spielbar.

2012 wurde dem Berufsbildungswerk Haus und Grund von der Kirche übertragen. Die Türen der Kirche öffneten sich wieder für einen monatlichen Gottesdienst, Ausstellungen, Konzert- und Vortragsveranstaltungen. Ende 2016 öffnete ein Integrationshotel mit angeschlossener Gaststätte. Das zentrale Anliegen von Philippus Leipzig ist die Integration von Menschen mit Behinderungen in die Arbeits- und Lebenswelt der Stadt Leipzig.

Am Heiligen Abend 2013 erklang einmalig die Orgel nach einer Reinigung des Spieltischs und ließ die reichen Klangmöglichkeiten erahnen, die eine umfassende Restaurierung versprach. Geschätzt wurde, dass 90 Prozent der Register original erhalten waren. Nach Aussagen von Fachleuten war die Orgel in generell gutem Zustand und von hohem Denkmalwert.

Die Orgelrestaurierung übernahm Orgelrestaurator Stefan Pilz aus Leipzig. Dieser starb 2018 bei einem Verkehrsunfall.

2020 wurde die Orgelbaufirma Frank Peiter aus Lengefeld im Erzgebirge mit der Restaurierung der Orgel beauftragt. Ziel war die Wiederherstellung des Zustandes von 1910, inklusive der damals vacat gebliebenen Register. Die Fertigstellung der Orgel erfolgte im Mai 2021. Universitätsorganist Daniel Beilschmidt spielte das Konzert zur Orgelweihe.

Stimmtonhöhe: a1 = 435 Hz bei 15°C, gleichstufig temperiert
Windladen: Kegelladen
Spieltraktur: pneumatisch
Registertraktur: pneumatisch
Manuale: 3
Pedal: 1



Disposition



Bibliographie

Literatur: anonym, Leipzig. Disposition der Orgel in der Philippuskirche Leipzig, in: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd. 31, Leipzig 1910/1911, S. 209.

Max Allihn, Die vielfache freie Kombination, in: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd. 31, Leipzig 1910/11, S. 4f. (mit ausführlicher Beschreibung der 30fachen Frei-kombination in der Orgel der Philippuskirche Leipzig).

Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen, Orgeldatenbank ORKASA

Paul Gerhardt, Zwickau, Schreiben vom 10.05.1909 an Emil Jehmlich, Dresden, mit Entwurf für die Disposition der Orgel in der Philippuskirche Leipzig, Typoskript, Archivakten Jehmlich Orgelbau Dresden.

Paul Gerhardt, Auszug aus handschr. Gutachten vom 29.09.1911 über die Orgel der Philippuskirche Leipzig, Archivakten Jehmlich Orgelbau Dresden, Scan.

Gebrüder Jehmlich, Dresden, Kostenanschlag für die Orgel der Philippuskirche Leipzig, vom 11.01.1909 (mit Mensurangaben), Typoskript, Archivakten Jehmlich Orgelbau Dresden.

Sigfrid Karg-Elert, Orgel und Harmonium, in: Musiktaschenbuch, Leipzig o. J. (1920), S. 275 – 301, speziell S. 288.

ders., Rezension des Einweihungskonzertes, gespielt von Paul Gerhardt am 06.11.1910, in: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd. 31, Leipzig 1910/1911, S. 211 (Nachdruck aus „Leipziger Neuesten Nachrichten“).

Thomas Lipski, Die Jehmlich-Orgel der Philippuskirche zu Leipzig-Lindenau … in: ARS ORGANI, 50. Jhg., H. 3, 2002, S. 151 – 155. (Beschreibung stützt sich nur auf Registerbeschriftung im Spieltisch und Archivalien.)

Ernst Schnorr von Carolsfeld, Spieltischprobleme im Orgelbau, in: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd. 30, Leipzig 1909/1910, S. 958 f. (mit Spieltischabbildung der Orgel der Philippuskirche Leipzig).

Weblinks: Wikipedia, Leipzig-Lindenau, Philippuskirche

Webseite, Leipzig-Lindenau, Philippuskirche

Leipziger Zeitung, 4/21, Feierliche Orgeleinweihung, Leipzig-Lindenau, Philippuskirche

dewiki, Lexikon, Leipzig-Lindenau, Philippuskirche

Philippusreihe Bd.4 Orgel und Kirchenraum

Philippus-Leipzig, 4.5.2021, feierliche Weihe der Jehmlich-Orgel