Zwickau/Planitz, Lukaskirche
Adresse: Schloßplatz 4, 08064 Zwickau
Gebäude: Lukaskirche, Zwickau-Planitz, Evangelisch-Lutherische Kirche
Orgelbauer: | E. Fr. Walcker & Cie, op.296; 2022 Restaurierung durch den Hermann Eule Orgelbau Bautzen |
Baujahr: | 1876 |
Geschichte der Orgel: | Am 25. 11. 1873 reichte die Firma Walcker ihr Kostenangebot ein. Wenige Tage später wurde der Vertrag abgeschlossen. 1875 bekam Walcker auch noch den Auftrag für den Orgelgehäusebau nach dem Entwurf des Kirchenarchitekten G. L. Möckel. Die Weihe der Orgel erfolgte vermutlich mit der Kirche am 16.10.1876.
Dass Instrument wurde fast genau nach Vertrag gebaut, nur Dolce 8‘ und Aeoline 8‘ wurden gegenseitig ausgetauscht und zusätzlich die Pfeife c° des Principal 16‘ aus Zinn statt Holz gebaut. 1895 erfolgte eine Reinigung und Nachstimmung der Orgel durch Walcker. 1908 bot Walcker eine neue Reinigung, Neuintonation und Stimmung, sowie den Einbau eines elektrischen Gebläses an. Die von Walcker angebotenen Arbeiten wurden 1909 ausgeführt und zusätzlich für den Motorbetrieb ein großer Magazinbalg oberhalb der alten Kastenbälge eingebaut (von denen dazu zwei entfernt wurden), dazu ein Vorbalg über dem Motor. Der restaurierte Motor von 1909 zählt zu den ältesten seiner Art in Sachsen! 1911 schloss man einen Wartungsvertrag mit Walcker. Ende Juni 1917 wurden die Zinnprospektpfeifen für Kriegszwecke ausgebaut. Im September 1926 ersetzte sie Walcker durch Zinkpfeifen, verbunden mit einer Reinigung der Orgel. 1936 erfolgte eine Orgelreinigung und erste klangliche Veränderungen durch die Orgelbaufirma Schmeisser aus Rochlitz. Sie ersetzte bzw. veränderte 3 Register mit dem Ziel, den voluminösen hochromantischen Klang der Orgel etwas aufzuhellen. Um 1944 betreute die Orgelbaufirma Gebrüder Jehmlich (Otto & Rudolf) aus Dresden die Orgel. 1958 beschloss der Kirchenvorstand eine gründliche Reinigung und Umdisponierung der Orgel. 1959 beauftragte der Kirchenvorstand die Orgelbaufirma Hermann Eule aus Bautzen mit der Ausführung der Arbeiten, die 1963 erfolgte. Insgesamt wurden 9 Register neu gebaut, sechs wurden aus alten Registern umgearbeitet, sechs Register erhielten neue Kerne, die übrigen 10 Register wurden neu intoniert. Von 1967 bis 1967 bestand ein Pflegevertrag mit der Orgelbaufirma Hermann Eule aus Bautzen. 1970 erfolgte noch einmal eine Orgeldurchsicht, obwohl die Orgel schon außer Dienst genommen war. Seit 1971 wurde nach einer neuen Verwendung der Orgel gesucht. Eine Umsetzung der Orgel in andere Kirchen gelang nicht. 1975 gab der Orgelsachverständige Günter Metz die Orgel zur Ausschlachtung frei. 1976 verkaufte die Gemeinde 13 Register an Orgelbaumeister Hartmut Schüssler. Dieser verwendete 10 Register für den Einbau in die Orgel in der Kirchgemeinde Treuen im Jahr 1977. Es waren vorrangig von Eule hergestellte Pfeifen für die Umdisponierung der Walcker-Orgel im Jahr 1963. Bis 1978 wurden 4 weitere Register über den Orgelbau Schüssler nach Waldenburg verkauft. 1979 waren in der Lukaskirche Zwickau-Planitz nur noch 11 Register von der alten Orgel vorhanden, meist nicht mehr vollständig. Außerdem lief ein öffentlicher Verkauf von Orgelpfeifen gegen Spenden zugunsten der Gemeinde. Durch Einbrüche wurde die Orgel zusätzlich geschädigt und 1981 verschwanden 14 Zinkprospektpfeifen. 1984 erwarb der damalige Kirchenmusiker und spätere Orgelbauer Reinhold Teile der Orgel für seine Orgel in Bernsdorf. 2019 fanden die Mitarbeiter des Hermann Eule Orgelbaus nur 22 größere Holzpfeifen in der Orgel, Windladen, einzelne Windkanalteile usw. Dem Gehäuse fehlten viele Zierteile und Füllungen. Alles war mit einer dicken Schmutzschicht bedeckt. Konnte man hier noch etwas restaurieren? Nach 1990 wurde die Lukaskirche wieder genutzt. Die Kirche wurde schrittweise restauriert. Nun sollte die Orgel folgen, für deren Restaurierung es umfangreiche Fördermittel und Sponsoren gab. In Sachsen waren nur noch 5 Walcker-Orgeln erhalten. Von einer Weltfirma wie Walcker sind auch andernorts nur noch wenige Orgeln vorhanden. Es ist also wichtig dieses Instrument zu erhalten als Zeugnis des hochromantischen Orgelbaus in Deutschland. Die Restaurierung der Walcker-Orgel fand von 2019-2022 statt. Am 15. 12. 2018 wurde das Projekt ausgeschrieben. Die Auftragserteilung an die Orgelbaufirma Eule erfolgte am 02.08.2019. Die Wiedereinweihung der Walcker-Orgel fand am 01.05.2022 statt. 2019 baute die Firma Eule alle noch vorhandenen Orgelteile in Zwickau aus und brachte sie in die Werkstatt nach Bautzen. In der Zwischenzeit wurde die Orgelkammer saniert und es erfolgte die Restaurierung des Orgelgehäuses. Die Kirchgemeinde und der Förderverein initiierten eine gezielte Suche nach den fehlenden Pfeifen der Orgel. Viele Zwickauer spendeten Pfeifen zurück. Einige Pfeifen wurden von der Kirchgemeinde Waldenburg zurückgegeben und von Orgelbaumeister Wünning zurückerworben. Orgelbaumeister Reinhold gab seine Orgelbank zurück. Die erhaltenen, aber stark verschmutzten Originalteile aus der Orgel wurden zerlegt und gründlich gereinigt. Das Tragwerk im Inneren der Orgel wurde instandgesetzt. Eine besondere Herausforderung war die Rekonstruktion des nicht mehr vorhandenen Spieltischs. Als Vorlage diente ein unscharfes Foto aus dem Jahr 1941. Die Balganlage sollte im Zustand von 1909 versetzt werden. 12 Windladen mussten originalgetreu restauriert, ebenso die Trakturen in der Bauweise Walckers zurückversetzt werden. Vom Pfeifenwerk kamen durch die Rückgabeaktionen noch 360 Pfeifen zusammen. Das sind etwa 20% des ursprünglichen Pfeifenbestandes. Nach genauer Prüfung konnten die Pfeifen den entsprechenden Registern zugeordnet werden. Die fehlenden 1435 Pfeifen wurden detailgetreu nach vorhandenen Vorlagen rekonstruiert. Die gesamte technische Anlage der Orgel wurde im Montagesaal der Firma Eule aufgebaut, um deren Funktion und Vollständigkeit zu testen. Im Anschluss daran erfolgte der Einbau in der Kirche mit sämtlichen Orgelteilen. Nun kam der entscheidende Schritt für das Gelingen der Arbeit, die Intonation. Hier erfolgte auch eine Vorintonation in der Werkstatt. Bei der Hauptintonation in der Kirche wurde die Klangwirkung im Raum berücksichtigt. Die Generalstimmung erfolgte gleichschwebend. Der originale Stimmton wurde auf Wunsch der Gemeinde auf 438 Hz bei 15°C angehoben, um das Zusammenspiel mit modernen Orchestern zu ermöglichen. |
Stimmtonhöhe: | 438 Hz bei 15°C |
Windladen: | mechanische Kegelladen |
Spieltraktur: | mechanisch |
Registertraktur: | mechanisch |
Registeranzahl: | 31 |
Manuale: | 2, C-f³ Ober- und Unterladen. |
Pedal: | 1, C-d1 Groß- und Kleinpedal. |
Disposition
Disposition
Disposition