Rottenbuch, Mariä Geburt

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Freiwiß-Orgel in Rottenbuch
Rottenbuch orgel freiwiss.jpg
Orgel im Raum (2011)
Orgelbauer: Balthasar Freiwiß (Freywis), Aitrang
Orgelbau Klais, Bonn (Restaurierung/Rekonstruktion)
Baujahr: 1747, 1783
2020–2022
Geschichte der Orgel: 1747 Bau durch Freiwiß, kurze Oktave

1767 Arbeiten/Umbau

1783 Erweiterung um ein Register durch Andreas Handmann, ausgebaute Oktave, dazu neue Windladen (erhalten)

1857 u. 1887 Umbau durch Max Maerz: Tieferstimmung des Werkes, Umintonation, Errichtung einer Magazinbalg-Anlage

1933 Arbeiten von Josef Zeilhuber

1963 durchgreifender Umbau durch Guido Nenninger: dreimanualiger Spieltisch, Umstellungen bzw. Neugruppierungen von Pfeifen, Neuintonation

1998 u. 2009 Instandsetzungs-/Restaurierungsvorschläge von Orgelbauern

2007 Die Hauptwerkswindladen von Handmann werden in einer Depot-Zweigstelle des Münchner Stadtmuseums entdeckt

2008 Gutachten von OSV Dr. Michael Hartmann

2012 Bestandsaufnahme durch Klais (H.-W. Theobald)

2020–2022 Restaurierung/Rekonstruktion durch Klais auf den Stand von 1783 mit Mitteln des Bundes (Förderprogramm für historisch wertvolle Orgeln), des Bayerischen Staates und der Erzdiözese München und Freising[1]

Gehäuse: Franz Xaver Schmädl (Franz Schmottel), Weilheim
Windladen: Schleifladen
Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: mechanisch
Registeranzahl: 29
Manuale: 2, C–f3
Pedal: C–c1
Spielhilfen, Koppeln: I/II, I/P(?)



Disposition[2]

I Positiv II Hauptwerk Pedal
Gedackt 8'

Principal 4'

Fugara 4'

Flöte 4'

Quint 11/2'

Mixtur 5f 2’

Principal 8'

Gedackt 8'

Hohlflöte 8'

Quintadena 8’

Gamba 8’

Salicional 8'

Octav 4'

Flöte 4'

Spitzflöte 4'

Rohrflöte 4’

Cornet 3-4f 4'

Sesquialter 2f 3'

Superoctav 2'

Mixtur minor 5f 2 2/3'

Mixtur major 10f 2'

Principalbass 16'

Subbass 16'

Octavbass 8'

Gamba 2f 8'

Quintbass 6'

Superoctave 4'

Cornettbass 11f 4’ [3]

Posaunenbaß 8’


Anmerkungen
  1. Kosten ca. 800.000 EUR, davon Bund ca. 300.000 EUR, Land ca. 150.000 EUR, Diözese ca. 150.000 EUR, Rest Kirchengemeinde & Kommune
  2. n. Orgelbau Klais
  3. 3 Töne im Kronpositiv



Bibliographie

Anmerkungen: Ungefähr die Hälfte (?) des originalen Pfeifenwerkes war noch vorhanden. Als Vergleichsobjekt diente die Freiwiß-Orgel in Irsee. Die Einweihung fand an Pfingsten 2022 statt.


Die Orgel in der ehemaligen Augustinerchorherren-Stiftskirche Rottenbuch

Das ehemalige Augustinerchorherren-Stift Rottenbuch war im 18. Jahrhundert ein Zentrum der Wissenschaft und Kunst. Etliche Chorherren lehrten an der Universität Salzburg. Neben den theologisch-philosophischen Disziplinen wurden auch die Naturwissenschaften mit Nachdruck betrieben. So gründeten die Augustiner auf dem Hohenpeißenberg, wo sie eine Wallfahrtskirche betreuten, eine meteorologische Messstation: die älteste Bergwetterstation der Erde. Bis in das Jahr 1781 reichen die lückenlosen Messreihen zurück.

Doch auch die Künste wurden nachhaltig gefördert. Die bedeutendsten Stuckateure und Maler/Freskanten der Wessobrunner Schule wurden mit der Ausstattung der Kirchen auf dem Hohenpeißenberg und in Rottenbuch beauftragt.

Für die Orgel in Rottenbuch engagierte man den in Aitrang bei Kaufbeuren geborenen Balthasar Freywis (1710–1783), der bei Joseph Gabler in Ochsenhausen gelernt hatte. 1747 wurde das Orgelwerk, das 28 Register, verteilt auf Hauptwerk, Rückpositiv, Kronwerk und Pedal aufwies, vollendet. Freywis erschuf nicht nur eine der größten Orgeln in Oberbayern, sondern mit dem das Hauptwerk überspannenden Kronwerk auch ein grandios-spektakuläres Gehäuse, das mit zahlreichen Engelsfiguren aus der Werkstätte des Weilheimer Meisters Franz Xaver Schmädl geschmückt ist, die zu den berühmtesten Engelsdarstellungen des Rokoko zählen.

Offenbar empfanden jedoch schon bald die Organisten und Musiker des Konvents die aufführungspraktischen Möglichkeiten der Orgel, die kurze Oktaven aufwies, als zu beschränkt. 1783 wurde deshalb die Orgel von Andreas Handmann, einem Mitarbeiter von Freywis, auf nunmehr 29 Register (II/P) erweitert und mit „langer“ (alle Halbtöne umfassenden) Oktave eingerichtet, wofür neue Windladen nötig waren. Diese stehen auch heute wieder in der Orgel.

Die Freywis-/Handmann-Orgel wurde nach der Säkularisation mehrfach restauriert bzw. umgebaut, wobei jeweils historische (Pfeifen-)Substanz verloren ging, besonders durch die Eingriffe von Max Maerz (1857 und 1887: Tieferstimmung des Werkes; Umintonation; Errichtung einer Magazinbalg-Anlage) und Guido Nenninger (1963). Letzterer schlug eine kräftige Wunde vor allem in das Untergehäuse durch die Einfügung eines dreimanualigen Spieltisches, Neuintonationen sowie Umstellungen bzw. Neugruppierungen von Pfeifen, wobei gerade in den Mixturen/Cornetten kaum eine Pfeife an ihrem ursprünglichen Platz bzw. im Original-Register verblieb.

Doch der Orgel drohten weitere Gefahren in den Jahren 1998 und 2009, als ortsnahe Orgelbauer weitergehende Restaurierungs- und „Verbesserungsmaßnahmen“ der Pfarrgemeinde dringend empfahlen und auch entsprechende Kostenanschläge unterbreiteten.

Als hinzugerufener Sachverständiger des Erzbischöflichen Ordinariats konnte ich die Verantwortlichen von der Gefahr weiteren erheblichen Verlustes von historischer Substanz durch die vorgeschlagenen Arbeiten überzeugen. In meinem Gutachten vom April 2008 nannte ich als Ziel aller künftigen Maßnahmen die „Rekonstruktion der einmaligen Rottenbucher Orgelanlage“ und empfahl die Gründung eines Orgelbauvereins.

Glücklicherweise wurden 1963 die nicht mehr verwendeten Windladen des Hauptwerks nicht verschrottet. Sie fanden sich anlässlich des Depot-Neubaus (2011) des Münchner Stadtmuseums in einer der aufzulösenden Zweigstellen und wurden Rottenbuch zur Abholung angeboten. Damit waren alle historischen Handmann-Windladen wieder an ihrem originalen Aufstellungsort verfügbar.

Durch das völlig überraschende Auflegen eines Förderprogramms für historisch wertvolle Orgeln seitens der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und die Zuweisung der für das Bundesland Bayern vorgesehenen Mittel an Rottenbuch sowie weitere erhebliche Zuwendungen des Bayerischen Staates und der Erzdiözese München und Freising konnte 2020–2022 die Freywis-Orgel durch die Firma Klais, Bonn, umfassend restauriert bzw. rekonstruiert (komplette Spiel- und Registertraktur) werden.

Natürlich wurden etliche Entscheidungen über die konkrete Ausführung zwischen Orgelbauern, Denkmalpflegern und Organisten kontrovers diskutiert. Der Vorschlag, die Disposition um ein Zungenregister im Manual und den Ambitus im Pedal um real 5 Halbtöne (von b bis d' mit neuen eigenen Pfeifen) zu erweitern, war leider nicht mehrheitsfähig, obwohl eine solche maßvolle Erweiterung (selbstverständlich nur über Zusatzladen) einen erheblichen Zugewinn an aufführungspraktischen Möglichkeiten sowohl im liturgischen als auch konzertanten Bereich gebracht hätte. Eine solche Erweiterung hätte sich meiner Ansicht nach auch geradezu logisch aus der Baugeschichte der Freywis-Handmann-Orgel ergeben: die musikalischen Beschränkungen der Freywis-Orgel waren doch der Grund für die Überarbeitung und Erweiterung (inkl. neuer Windladen) durch Handmann nur 35 Jahre nach der Erbauung.

Dessen ungeachtet erstrahlt die Orgel im ehemaligen Augustinerchorherren-Stift nun wieder in optisch, akustisch und technisch neuem Glanz. Für die Orgelliteratur besonders des süddeutsch-italienischen Barock und Rokoko sowie der Frühklassik bietet die Freywis-Handmann-Orgel ein herrliches Klangspektrum.

Prof. DDr. Michael Hartmann, Orgelsachverständiger
(In: Kirchenmusik-Forum 2022/23, Erzdiözese München und Freising; mit freundlicher Genehmigung)

Literatur: s.u.
Discographie: Fürs volle Werk. Christoph Keggenhoff an der historischen Freywis-Orgel Rottenbuch. dehm-Verlag, 2023, CD, YouTube, Spotify
Weblinks: Orgelbeschreibung auf der Website des Pfarrverbandes, YouTube-Kanal

Wikipedia

Beschreibung bei Orgelbau Klais

Artikel: Freywis-Orgel in Rottenbuch

Zeitungsartikel: Denkmalschutz: Der Sound des BarockEinweihung der Freywis-Orgel am Pfingstsonntag in Rottenbuch

Videobeitrag: Rottenbucher Orgel – Eine runderneuerte Kostbarkeit (nicht mehr verfügbar)

Praeambulum in C von P. Placidus Metsch, OSB (1700-1778) gespielt von Prof. Norbert Düchtel


Videos

Die Freywis-Orgel kommt wieder heim! – Florian Löffler:

Ersttonfest der Freywis-Orgel Rottenbuch:


Johannes Berger an der Rottenbucher Freywis-Orgel:


Olivier Latry an der Freywis-Orgel in Rottenbuch. Nun danket alle Gott – Improvisation:


J.W. Häßler: Fürs volle Werk – Christoph Keggenhoff:

D. Buxtehude: Ciaccona in e – Christoph Keggenhoff:

J.H. Knecht: Große Orgelsonate aus C-Dur – Christoph Keggenhoff:


Zustand nach Umbau G. Nenninger ab 1962

Orgelbeschreibung

Windladen: Schleifladen
Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: mechanisch
Registeranzahl: 30
Manuale: 3, C–
Pedal: C–
Spielhilfen, Koppeln: Koppeln: I/P. II/P, I/II, III/II



Disposition

I Rückpositiv II Hauptwerk III Oberwerk Pedal
Gedackt 8'

Praestant 4'

Flöte 4'

Principal 2'

Octav 1'

Mixtur 3f 1'

Copel 16'

Principal 8'

Quintadena 8'

Gamba 8'

Octave 4'

Rohrflöte 4'

Quinte 22/3'

Superoctave 2'

Mixtur 4f 11/3'

Flauta 8'

Salicet 8'

Principal 4'

Spitzflöte 4'

Nachthorn 2'

Sesquialtera 2f 22/3'

Zimbel 5f 2'

Principalbaß 16'

Subbaß 16'

Octavbaß 8'

Pommer 8'

Quintbaß 51/3'

Hohlflöte 4'

Kornett 6f 4'

Posaune 8'



Bibliographie

Anmerkungen: Quelle: orgbase.nl
Literatur: Ursula und Ulrich Rüge: Berühmte Orgeln: Meisterwerke europäischer Orgelbauer, Nikolai Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 1994

Georg Brenninger: Orgeln in Altbayern. 2. überarb. u. erw. Auflage. Bruckmann, München 1982

Discographie: J.S. Bach: Werke für Orgel - Works for Organ - Oeuvres pour Orgue. Helmut Walcha. Musique Royale 199 031, LP


Freiwiß-Orgel 1747

Disposition

I Hauptwerk II Rückpositiv Pedal
Subprincipal 8'

Principal 8'

Copel 8'

Flöte 8'

Viola di Gamba 8'

Salicet 8'

Quintatön 8'

Octav 4'

Spitzflöte 4'

Quint 3'

Superoctav 2'

Sesquialter 2f

Mixtur 10f 2'

Zimbel 5f 4'


Tremulant

Guggu

Copel 8'

Principal 4'

Fugara 4'

Flöte 4'

Quint 3'

Mixtur 5f 2'

Subbaß 16'

Bordun 16'

Octavbaß 8'

Violonbaß 8'

Quintbaß 6'

Hohlflaute 4'

Cornett 11f 4'

Posaune 8'



Bibliographie

Anmerkungen: kurze Oktave

Quelle: orgbase.nl

Literatur: s.o.