Świdnica (Schweidnitz), Kościół Pokoju pw. Świętej Trójcy (Friedenskirche „Zur Heiligen Dreifaltigkeit“), Hauptorgel: Unterschied zwischen den Versionen

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Die erste Orgel wurde von Ambrosius Protius aus Breslau gestiftet und von Orgelbaumeister Kaspar Wunderlich aus Schweidnitz aufgebaut und gestimmt.
 
Die erste Orgel wurde von Ambrosius Protius aus Breslau gestiftet und von Orgelbaumeister Kaspar Wunderlich aus Schweidnitz aufgebaut und gestimmt.
 
Laut anderen Überlieferungen wurde dieses alte, simple und fehlerhafte Instrument schon bald durch ein neues Positiv und eine kleine Orgel ersetzt. Diese Instrumente wurden für den Bedarf der Kirche von Johann Liebckenmayer gestiftet. Nach Beendigung der Bauarbeiten an der Interimskirche wurden beide Instrumente in die neue Kirche übertragen und auf der Westempore aufgestellt. Sie wurden bis zum Neubau der großen Orgel im Jahre 1663 benutzt.
 
Laut anderen Überlieferungen wurde dieses alte, simple und fehlerhafte Instrument schon bald durch ein neues Positiv und eine kleine Orgel ersetzt. Diese Instrumente wurden für den Bedarf der Kirche von Johann Liebckenmayer gestiftet. Nach Beendigung der Bauarbeiten an der Interimskirche wurden beide Instrumente in die neue Kirche übertragen und auf der Westempore aufgestellt. Sie wurden bis zum Neubau der großen Orgel im Jahre 1663 benutzt.
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'''Christoph Klose 1669'''
 
Im Jahr 1658 begann die Tätigkeit der Brieger Orgelbauerfamilie Klose (Christoph Klose und Sohn Christoph Georg) in Niederschlesien. Sie kamen ursprünglich aus Innsbruck und arbeiteten zunächst in Österreich und Tschechien, vorwiegend in Olmütz. Die erste Werkstatt auf schlesischem Boden errichteten sie in Brieg, wo Christoph Georg Klose 1663 die Reparatur der Orgel in der Hauptkirche der Brieger Protestanten, der St. Nikolauskirche, ausführte.
 
Im Jahr 1658 begann die Tätigkeit der Brieger Orgelbauerfamilie Klose (Christoph Klose und Sohn Christoph Georg) in Niederschlesien. Sie kamen ursprünglich aus Innsbruck und arbeiteten zunächst in Österreich und Tschechien, vorwiegend in Olmütz. Die erste Werkstatt auf schlesischem Boden errichteten sie in Brieg, wo Christoph Georg Klose 1663 die Reparatur der Orgel in der Hauptkirche der Brieger Protestanten, der St. Nikolauskirche, ausführte.
 
Nach Fertigstellung eines Teils der Inneneinrichtung in der Schweidnitzer Kirche hat die evangelische Gemeinschaft im Jahr 1666 die ersten Verhandlungen mit Christoph Georg '''Klose''' wegen des Baus eines neuen, großen Instrumentes geführt. Der Vertrag wurde 1667 unterzeichnet und Klose vollendete das Werk im Jahre 1669. Die feierliche Einweihung der neuen Orgel, verbunden mit einem Konzert, geschah am 21. September 1669. Die Abnahme erfolgte durch Tobias Tzantzer, Organist an der Maria-Magdalena-Kirche zu Breslau. Das Instrument war in Chortonhöhe gestimmt, was den Verwendungszweck deutlich macht, nämlich die Begleitung des Gemeindegesanges. Die Konstruktionsbeschreibungen, welche aus den überlieferten Texten hervorgehen, lassen auf einen österreichisch-süddeutschen Orgelstil schließen.
 
Nach Fertigstellung eines Teils der Inneneinrichtung in der Schweidnitzer Kirche hat die evangelische Gemeinschaft im Jahr 1666 die ersten Verhandlungen mit Christoph Georg '''Klose''' wegen des Baus eines neuen, großen Instrumentes geführt. Der Vertrag wurde 1667 unterzeichnet und Klose vollendete das Werk im Jahre 1669. Die feierliche Einweihung der neuen Orgel, verbunden mit einem Konzert, geschah am 21. September 1669. Die Abnahme erfolgte durch Tobias Tzantzer, Organist an der Maria-Magdalena-Kirche zu Breslau. Das Instrument war in Chortonhöhe gestimmt, was den Verwendungszweck deutlich macht, nämlich die Begleitung des Gemeindegesanges. Die Konstruktionsbeschreibungen, welche aus den überlieferten Texten hervorgehen, lassen auf einen österreichisch-süddeutschen Orgelstil schließen.
Aufgrund der zahlreichen Reparaturen der großen Orgel stand diese oftmals nicht zur Verfügung. Sigismund Ebersbach schenkte deshalb 1695 der Kirche eine kleine Orgel, die auf der zweiten Hauptempore über dem Altar angebracht wurde.  
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Aufgrund der zahlreichen Reparaturen der großen Orgel stand diese oftmals nicht zur Verfügung. Sigismund Ebersbach schenkte deshalb 1695 der Kirche eine kleine Orgel, die auf der zweiten Hauptempore über dem Altar angebracht wurde.
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'''Peter Zeitius 1784 '''
 
1741 erfolgte die Besetzung Schlesiens durch Preußen. Während des Siebenjährigen Krieges erlitt die Kirche starke Schäden durch preußischen Artilleriebeschuss. Während des Wiederaufbaus nach Kriegsende wurden Überlegungen zu einem vollständigen Umbau der Orgel angestellt. Die Wahl fiel auf den Orgelbauer Peter '''Zeitius''' aus Frankenstein, der mit seinem Lehrling Johann Lieser zu dieser Zeit eine ansehnliche Orgel in Michelsdorf erbaut hatte. 1776 wurde ein Vertrag abgeschlossen. Die Reparaturarbeiten und -kosten wurden aber ständig größer und höhe. 1781 wurde ein neuer Vertrag aufgesetzt, in dem der Umfang der Arbeit neu festgelegt wurde. In den Jahren 1776 bis 1784 erfolgte ein großer Umbau der Vorgängerorgel durch den Orgelbauer Peter Zeitius. Er erweiterte den Klangkomplex bis zu 52 Register und veränderte auf diese Weise erheblich die Disposition des Instrumentes, was einem Neubau gleichkam. Die Konzeptionsgrundlage dieses Umbaus war die Beseitigung von hohen Aliquoten, an deren Stelle frühromantische, eng mensurierte Stimmen eingebaut wurden. Aus dieser Zeit stammt auch der prächtige hochbarocke Orgelprospekt. Es wurden auch ein Glockenspiel und bewegliche musizierende Engel hinzugefügt. Die farbige Fassung und Vergoldung an der großen Orgel übernahm der Schweidnitzer Maler Johann Daniel Kube, der die Arbeit im Jahre 1788 beendete.
 
1741 erfolgte die Besetzung Schlesiens durch Preußen. Während des Siebenjährigen Krieges erlitt die Kirche starke Schäden durch preußischen Artilleriebeschuss. Während des Wiederaufbaus nach Kriegsende wurden Überlegungen zu einem vollständigen Umbau der Orgel angestellt. Die Wahl fiel auf den Orgelbauer Peter '''Zeitius''' aus Frankenstein, der mit seinem Lehrling Johann Lieser zu dieser Zeit eine ansehnliche Orgel in Michelsdorf erbaut hatte. 1776 wurde ein Vertrag abgeschlossen. Die Reparaturarbeiten und -kosten wurden aber ständig größer und höhe. 1781 wurde ein neuer Vertrag aufgesetzt, in dem der Umfang der Arbeit neu festgelegt wurde. In den Jahren 1776 bis 1784 erfolgte ein großer Umbau der Vorgängerorgel durch den Orgelbauer Peter Zeitius. Er erweiterte den Klangkomplex bis zu 52 Register und veränderte auf diese Weise erheblich die Disposition des Instrumentes, was einem Neubau gleichkam. Die Konzeptionsgrundlage dieses Umbaus war die Beseitigung von hohen Aliquoten, an deren Stelle frühromantische, eng mensurierte Stimmen eingebaut wurden. Aus dieser Zeit stammt auch der prächtige hochbarocke Orgelprospekt. Es wurden auch ein Glockenspiel und bewegliche musizierende Engel hinzugefügt. Die farbige Fassung und Vergoldung an der großen Orgel übernahm der Schweidnitzer Maler Johann Daniel Kube, der die Arbeit im Jahre 1788 beendete.
 
1784 wurden die Arbeiten beendet. Das neue Instrument präsentierte sich sehr gut, der beeindruckende Prospekt nahm die ganze Westempore ein. Zeitius veränderte auch die Orgelempore, die er tiefer legte und nach vorne erweiterte, damit sie das große Instrument bewältigen konnte. Beim Abtragen der vorherigen Orgel übernahm Zeitius die Windladen, einen Teil der Register und den Spieltisch. So baute er eine Orgel auf der Vorgängerin auf, ergänzt durch einen neuen Prospekt im Zentralpunkt der Westempore, der sich in Form und Gestaltung charakteristisch mit der spätbarocken Periode schlesischer Orgelprospekte verbindet.
 
1784 wurden die Arbeiten beendet. Das neue Instrument präsentierte sich sehr gut, der beeindruckende Prospekt nahm die ganze Westempore ein. Zeitius veränderte auch die Orgelempore, die er tiefer legte und nach vorne erweiterte, damit sie das große Instrument bewältigen konnte. Beim Abtragen der vorherigen Orgel übernahm Zeitius die Windladen, einen Teil der Register und den Spieltisch. So baute er eine Orgel auf der Vorgängerin auf, ergänzt durch einen neuen Prospekt im Zentralpunkt der Westempore, der sich in Form und Gestaltung charakteristisch mit der spätbarocken Periode schlesischer Orgelprospekte verbindet.
 
Während der Arbeit an der großen Orgel waren auch Reparaturen an der kleinen Orgel notwendig, welche 1762, 1776 und 1784 durch Peter Zeitius ausgeführt wurden.
 
Während der Arbeit an der großen Orgel waren auch Reparaturen an der kleinen Orgel notwendig, welche 1762, 1776 und 1784 durch Peter Zeitius ausgeführt wurden.
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'''Vogler 1802'''
 
Die Friedenkirche feierte 1802 ihr 150jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass beschloss man die Orgel umbauen zu lassen. Das Instrument war bereits modernisiert worden, aber die Nutzer waren immer noch nicht zufrieden. Dafür erhielt Abbé Georg Joseph '''Vogler''' den Zuschlag. Der ausführende Orgelbauer war Johann '''Lieser''' aus Frankenstein. Vogler beeinflusste den Orgelbau im 19. Jahrhunderts mit seinem „Simplifikationssystem“ weg von der Werkorgel des Barock. Er teilte die Manuale in reine Farbwerte auf, setzte die Aliquoten zur akustischen Erzeugung von Kombinationstönen ein und stellte die ganze Orgel in einen Schwellkasten.
 
Die Friedenkirche feierte 1802 ihr 150jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass beschloss man die Orgel umbauen zu lassen. Das Instrument war bereits modernisiert worden, aber die Nutzer waren immer noch nicht zufrieden. Dafür erhielt Abbé Georg Joseph '''Vogler''' den Zuschlag. Der ausführende Orgelbauer war Johann '''Lieser''' aus Frankenstein. Vogler beeinflusste den Orgelbau im 19. Jahrhunderts mit seinem „Simplifikationssystem“ weg von der Werkorgel des Barock. Er teilte die Manuale in reine Farbwerte auf, setzte die Aliquoten zur akustischen Erzeugung von Kombinationstönen ein und stellte die ganze Orgel in einen Schwellkasten.
 
Die regionale «Schlesische Provinzial Zeitung“ vom 13. Sept. 1802 brachte eine Beschreibung des umgebauten Instruments. Sie war vom Kirchenvorstand abgefasst, und es wird erwähnt, daß die Orgel 60 Register umfasst, die Manuale zu je 56 Tasten und das Pedal zu 24 Tasten. Außerdem besaß die Orgel eine Vorrichtung, die einen Crescendo-Effekt ermöglichte. Aus dem oben genannten ergibt sich, daß das Instrument mit 45 realen Registern sowie 15 durch die akustischen Kombinationen gewonnenen Stimmen ausgerüstet war.
 
Die regionale «Schlesische Provinzial Zeitung“ vom 13. Sept. 1802 brachte eine Beschreibung des umgebauten Instruments. Sie war vom Kirchenvorstand abgefasst, und es wird erwähnt, daß die Orgel 60 Register umfasst, die Manuale zu je 56 Tasten und das Pedal zu 24 Tasten. Außerdem besaß die Orgel eine Vorrichtung, die einen Crescendo-Effekt ermöglichte. Aus dem oben genannten ergibt sich, daß das Instrument mit 45 realen Registern sowie 15 durch die akustischen Kombinationen gewonnenen Stimmen ausgerüstet war.
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In Schlesien dominierte damals die Tendenz zur Änderung des Klangcharakters bei Neubauten und bei Umbauten barocker Instrumente. Die Orgeln wurden sehr groß gebaut, mit vielen Registern und großer Klangmasse. Die Bemühung um Qualität und Klangfarbenunterschied bei neuen Orgeln verschwand. Der Homophonie jener Zeit mangelte es an Verständnis für Mixturen und aliquote Register, die darum aus alten Orgeln entfernt und in neuen nicht mehr eingebaut wurden. Das damalige Klangideal war dem Symphonieorchester entlehnt, also baute man Solostimmen. und solche, die Orchesterinstrumente nachahmten. So entwickelte sich ein neuer Orgeltypus, der sog. „romantische“.
 
In Schlesien dominierte damals die Tendenz zur Änderung des Klangcharakters bei Neubauten und bei Umbauten barocker Instrumente. Die Orgeln wurden sehr groß gebaut, mit vielen Registern und großer Klangmasse. Die Bemühung um Qualität und Klangfarbenunterschied bei neuen Orgeln verschwand. Der Homophonie jener Zeit mangelte es an Verständnis für Mixturen und aliquote Register, die darum aus alten Orgeln entfernt und in neuen nicht mehr eingebaut wurden. Das damalige Klangideal war dem Symphonieorchester entlehnt, also baute man Solostimmen. und solche, die Orchesterinstrumente nachahmten. So entwickelte sich ein neuer Orgeltypus, der sog. „romantische“.
 
Die nächsten Reparaturen führte 1849 die Orgelbauer Schlag durch.
 
Die nächsten Reparaturen führte 1849 die Orgelbauer Schlag durch.
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'''Heinrich Schlag 1882'''
 
1880 begann der Generalumbau der Orgel in der Friedenskirche durch '''Heinrich Schlag'''. Der Prospekt wurde zum Teil zerlegt, um ihn zu renovieren. Das Instrument erhielt fast lauter neue Stimmen, von den vorherigen Stimmen blieben nur 9 übrig. Der überwiegende Teil der Zinnpfeifen wurde beseitigt und durch neue ersetzt. Die Orgel erhielt eine pneumatische Traktur mit Bälgen und Hebeln. Die Registertraktur verblieb mechanisch. Dieser Umbau durch Schlag entsprach einem Neubau unter Beibehaltung des alten Prospekts, des Spieltisches und einiger weniger Register (9 Stimmen). Aus Anlass der Beendigung oben genannter Arbeiten wurde auf dem erneuerten Prospekt, in der Bekrönung des Spieltisches, ein kleines Gedenktäfelchen in Form einer Kartusche mit Inschrift angebracht: „1669 erbaut, Verschönert 1778, erneuert 1882“. Die Einweihung der Orgel erfolgte: 22.09.1882
 
1880 begann der Generalumbau der Orgel in der Friedenskirche durch '''Heinrich Schlag'''. Der Prospekt wurde zum Teil zerlegt, um ihn zu renovieren. Das Instrument erhielt fast lauter neue Stimmen, von den vorherigen Stimmen blieben nur 9 übrig. Der überwiegende Teil der Zinnpfeifen wurde beseitigt und durch neue ersetzt. Die Orgel erhielt eine pneumatische Traktur mit Bälgen und Hebeln. Die Registertraktur verblieb mechanisch. Dieser Umbau durch Schlag entsprach einem Neubau unter Beibehaltung des alten Prospekts, des Spieltisches und einiger weniger Register (9 Stimmen). Aus Anlass der Beendigung oben genannter Arbeiten wurde auf dem erneuerten Prospekt, in der Bekrönung des Spieltisches, ein kleines Gedenktäfelchen in Form einer Kartusche mit Inschrift angebracht: „1669 erbaut, Verschönert 1778, erneuert 1882“. Die Einweihung der Orgel erfolgte: 22.09.1882
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'''Schlag & Söhne 1909'''
 
Der letzte durchgreifende Umbau erfolgte im Jahre 1909 durch die Orgelbaufirma '''Schlag & Söhne'''. Das Instrument erhielt neue Windladen (Kegelladen), einen freistehenden Spieltisch und als Windversorgung ein elektrisches Gebläse. Auch die Disposition wurde stark verändert. So ist diese Orgel bis heute verblieben. Sie hat 62 Register, verteilt auf 3 Manuale und Pedal, sowie Kegelladen mit pneumatischer Spiel- und Registertraktur.
 
Der letzte durchgreifende Umbau erfolgte im Jahre 1909 durch die Orgelbaufirma '''Schlag & Söhne'''. Das Instrument erhielt neue Windladen (Kegelladen), einen freistehenden Spieltisch und als Windversorgung ein elektrisches Gebläse. Auch die Disposition wurde stark verändert. So ist diese Orgel bis heute verblieben. Sie hat 62 Register, verteilt auf 3 Manuale und Pedal, sowie Kegelladen mit pneumatischer Spiel- und Registertraktur.
 
Die Friedenskirche Schweidnitz überstand den Zeitraum von Ihrer Entstehung (1656-57) bis heute ohne größere Zerstörungen. Zu Restaurierungen kam es jeweils anlässlich der Jubiläen 1900-1902 anlässlich des 250jährigen Jubiläums. In den letzten Jahrzehnten konnten zwar kleinere Sicherungen durchgeführt werden, diese Maßnahmen reichten aber nicht aus, um den Bestand langfristig zu sichern.
 
Die Friedenskirche Schweidnitz überstand den Zeitraum von Ihrer Entstehung (1656-57) bis heute ohne größere Zerstörungen. Zu Restaurierungen kam es jeweils anlässlich der Jubiläen 1900-1902 anlässlich des 250jährigen Jubiläums. In den letzten Jahrzehnten konnten zwar kleinere Sicherungen durchgeführt werden, diese Maßnahmen reichten aber nicht aus, um den Bestand langfristig zu sichern.

Version vom 16. Mai 2023, 11:11 Uhr


Orgelbauer: Schlag & Söhne, op.875
Baujahr: 1909, Neubau im alten Gehäuse von 1784
Geschichte der Orgel: Informationen entnommen aus „Dokumentation und Bestandsaufnahme, erstellt 1994 im Auftrag des Deutschen Zentrums für Handwerk und Denkmalpflege, Probstei Johannesberg, Fulda e.V.“

Archivalien aus der Bauzeit der Interimskirche.

Die erste Orgel wurde von Ambrosius Protius aus Breslau gestiftet und von Orgelbaumeister Kaspar Wunderlich aus Schweidnitz aufgebaut und gestimmt. Laut anderen Überlieferungen wurde dieses alte, simple und fehlerhafte Instrument schon bald durch ein neues Positiv und eine kleine Orgel ersetzt. Diese Instrumente wurden für den Bedarf der Kirche von Johann Liebckenmayer gestiftet. Nach Beendigung der Bauarbeiten an der Interimskirche wurden beide Instrumente in die neue Kirche übertragen und auf der Westempore aufgestellt. Sie wurden bis zum Neubau der großen Orgel im Jahre 1663 benutzt. Christoph Klose 1669 Im Jahr 1658 begann die Tätigkeit der Brieger Orgelbauerfamilie Klose (Christoph Klose und Sohn Christoph Georg) in Niederschlesien. Sie kamen ursprünglich aus Innsbruck und arbeiteten zunächst in Österreich und Tschechien, vorwiegend in Olmütz. Die erste Werkstatt auf schlesischem Boden errichteten sie in Brieg, wo Christoph Georg Klose 1663 die Reparatur der Orgel in der Hauptkirche der Brieger Protestanten, der St. Nikolauskirche, ausführte. Nach Fertigstellung eines Teils der Inneneinrichtung in der Schweidnitzer Kirche hat die evangelische Gemeinschaft im Jahr 1666 die ersten Verhandlungen mit Christoph Georg Klose wegen des Baus eines neuen, großen Instrumentes geführt. Der Vertrag wurde 1667 unterzeichnet und Klose vollendete das Werk im Jahre 1669. Die feierliche Einweihung der neuen Orgel, verbunden mit einem Konzert, geschah am 21. September 1669. Die Abnahme erfolgte durch Tobias Tzantzer, Organist an der Maria-Magdalena-Kirche zu Breslau. Das Instrument war in Chortonhöhe gestimmt, was den Verwendungszweck deutlich macht, nämlich die Begleitung des Gemeindegesanges. Die Konstruktionsbeschreibungen, welche aus den überlieferten Texten hervorgehen, lassen auf einen österreichisch-süddeutschen Orgelstil schließen. Aufgrund der zahlreichen Reparaturen der großen Orgel stand diese oftmals nicht zur Verfügung. Sigismund Ebersbach schenkte deshalb 1695 der Kirche eine kleine Orgel, die auf der zweiten Hauptempore über dem Altar angebracht wurde. Peter Zeitius 1784 1741 erfolgte die Besetzung Schlesiens durch Preußen. Während des Siebenjährigen Krieges erlitt die Kirche starke Schäden durch preußischen Artilleriebeschuss. Während des Wiederaufbaus nach Kriegsende wurden Überlegungen zu einem vollständigen Umbau der Orgel angestellt. Die Wahl fiel auf den Orgelbauer Peter Zeitius aus Frankenstein, der mit seinem Lehrling Johann Lieser zu dieser Zeit eine ansehnliche Orgel in Michelsdorf erbaut hatte. 1776 wurde ein Vertrag abgeschlossen. Die Reparaturarbeiten und -kosten wurden aber ständig größer und höhe. 1781 wurde ein neuer Vertrag aufgesetzt, in dem der Umfang der Arbeit neu festgelegt wurde. In den Jahren 1776 bis 1784 erfolgte ein großer Umbau der Vorgängerorgel durch den Orgelbauer Peter Zeitius. Er erweiterte den Klangkomplex bis zu 52 Register und veränderte auf diese Weise erheblich die Disposition des Instrumentes, was einem Neubau gleichkam. Die Konzeptionsgrundlage dieses Umbaus war die Beseitigung von hohen Aliquoten, an deren Stelle frühromantische, eng mensurierte Stimmen eingebaut wurden. Aus dieser Zeit stammt auch der prächtige hochbarocke Orgelprospekt. Es wurden auch ein Glockenspiel und bewegliche musizierende Engel hinzugefügt. Die farbige Fassung und Vergoldung an der großen Orgel übernahm der Schweidnitzer Maler Johann Daniel Kube, der die Arbeit im Jahre 1788 beendete. 1784 wurden die Arbeiten beendet. Das neue Instrument präsentierte sich sehr gut, der beeindruckende Prospekt nahm die ganze Westempore ein. Zeitius veränderte auch die Orgelempore, die er tiefer legte und nach vorne erweiterte, damit sie das große Instrument bewältigen konnte. Beim Abtragen der vorherigen Orgel übernahm Zeitius die Windladen, einen Teil der Register und den Spieltisch. So baute er eine Orgel auf der Vorgängerin auf, ergänzt durch einen neuen Prospekt im Zentralpunkt der Westempore, der sich in Form und Gestaltung charakteristisch mit der spätbarocken Periode schlesischer Orgelprospekte verbindet. Während der Arbeit an der großen Orgel waren auch Reparaturen an der kleinen Orgel notwendig, welche 1762, 1776 und 1784 durch Peter Zeitius ausgeführt wurden. Vogler 1802 Die Friedenkirche feierte 1802 ihr 150jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass beschloss man die Orgel umbauen zu lassen. Das Instrument war bereits modernisiert worden, aber die Nutzer waren immer noch nicht zufrieden. Dafür erhielt Abbé Georg Joseph Vogler den Zuschlag. Der ausführende Orgelbauer war Johann Lieser aus Frankenstein. Vogler beeinflusste den Orgelbau im 19. Jahrhunderts mit seinem „Simplifikationssystem“ weg von der Werkorgel des Barock. Er teilte die Manuale in reine Farbwerte auf, setzte die Aliquoten zur akustischen Erzeugung von Kombinationstönen ein und stellte die ganze Orgel in einen Schwellkasten. Die regionale «Schlesische Provinzial Zeitung“ vom 13. Sept. 1802 brachte eine Beschreibung des umgebauten Instruments. Sie war vom Kirchenvorstand abgefasst, und es wird erwähnt, daß die Orgel 60 Register umfasst, die Manuale zu je 56 Tasten und das Pedal zu 24 Tasten. Außerdem besaß die Orgel eine Vorrichtung, die einen Crescendo-Effekt ermöglichte. Aus dem oben genannten ergibt sich, daß das Instrument mit 45 realen Registern sowie 15 durch die akustischen Kombinationen gewonnenen Stimmen ausgerüstet war. Wie die Kirchenchronik und die „Schlesische Provinzial Zeitung“ (23.09.1802) berichten, fand aus Anlass der 150-Jahrfeier ein festliches Konzert statt. Vogler selbst spielte ein „Te Deum“, eigens von ihm für die Feier komponiert. Über dreißig Orgeln in Europa wurden auf seine Kosten umgebaut. Der Umbau war leider ein Fehlschlag und das Instrument war nicht wirksam. 1825 wurde das Orgelwerk gründlich von Thomas Koded repariert. Und 10 Jahre später, 1835, nochmals repariert, nun von dem Schweidnitzer Orgelbauer Christian Gottlieb Schlag und seinem Bruder Johann Karl. Die Arbeiten wurden im Hinblick auf das 200jährige Jubiläum durchgeführt und hatten den Charakter einer Generalrenovierung, die aber grundsätzlich die Klangstruktur und Konstruktion der Orgel nicht veränderte. Dieser Umbau veränderte die Disposition des Instruments nur unwesentlich. Es wurden lediglich die nicht betriebssicheren Transmissionsstimmen entfernt, was jedoch das Problem der zuverlässigen Funktion des Instrumentes nicht löste. In Schlesien dominierte damals die Tendenz zur Änderung des Klangcharakters bei Neubauten und bei Umbauten barocker Instrumente. Die Orgeln wurden sehr groß gebaut, mit vielen Registern und großer Klangmasse. Die Bemühung um Qualität und Klangfarbenunterschied bei neuen Orgeln verschwand. Der Homophonie jener Zeit mangelte es an Verständnis für Mixturen und aliquote Register, die darum aus alten Orgeln entfernt und in neuen nicht mehr eingebaut wurden. Das damalige Klangideal war dem Symphonieorchester entlehnt, also baute man Solostimmen. und solche, die Orchesterinstrumente nachahmten. So entwickelte sich ein neuer Orgeltypus, der sog. „romantische“. Die nächsten Reparaturen führte 1849 die Orgelbauer Schlag durch. Heinrich Schlag 1882 1880 begann der Generalumbau der Orgel in der Friedenskirche durch Heinrich Schlag. Der Prospekt wurde zum Teil zerlegt, um ihn zu renovieren. Das Instrument erhielt fast lauter neue Stimmen, von den vorherigen Stimmen blieben nur 9 übrig. Der überwiegende Teil der Zinnpfeifen wurde beseitigt und durch neue ersetzt. Die Orgel erhielt eine pneumatische Traktur mit Bälgen und Hebeln. Die Registertraktur verblieb mechanisch. Dieser Umbau durch Schlag entsprach einem Neubau unter Beibehaltung des alten Prospekts, des Spieltisches und einiger weniger Register (9 Stimmen). Aus Anlass der Beendigung oben genannter Arbeiten wurde auf dem erneuerten Prospekt, in der Bekrönung des Spieltisches, ein kleines Gedenktäfelchen in Form einer Kartusche mit Inschrift angebracht: „1669 erbaut, Verschönert 1778, erneuert 1882“. Die Einweihung der Orgel erfolgte: 22.09.1882 Schlag & Söhne 1909 Der letzte durchgreifende Umbau erfolgte im Jahre 1909 durch die Orgelbaufirma Schlag & Söhne. Das Instrument erhielt neue Windladen (Kegelladen), einen freistehenden Spieltisch und als Windversorgung ein elektrisches Gebläse. Auch die Disposition wurde stark verändert. So ist diese Orgel bis heute verblieben. Sie hat 62 Register, verteilt auf 3 Manuale und Pedal, sowie Kegelladen mit pneumatischer Spiel- und Registertraktur. Die Friedenskirche Schweidnitz überstand den Zeitraum von Ihrer Entstehung (1656-57) bis heute ohne größere Zerstörungen. Zu Restaurierungen kam es jeweils anlässlich der Jubiläen 1900-1902 anlässlich des 250jährigen Jubiläums. In den letzten Jahrzehnten konnten zwar kleinere Sicherungen durchgeführt werden, diese Maßnahmen reichten aber nicht aus, um den Bestand langfristig zu sichern. Auch für die Orgel sind dringende konservatorische Maßnahmen notwendig. Vom Deutschen Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege (ZHD) ist deshalb 1992 ein Projekt deutsch-polnischer Zusammenarbeit ins Leben gerufen worden, dessen Ziel die Untersuchung und Instandsetzung der Friedenskirche ist. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF), von der Deutschen Bundestiftung Umwelt (DBU) und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit (Sd-pIZ). 1995 war ein Großteil der der Untersuchungen abgeschlossen. Im Jahr 2001 wurde die Friedenskirche in Schweidnitz und auch deren große Orgel als Kulturdenkmal zum UNESCO-Welterbe erhoben. Für die Restaurierung der nicht mehr spielbaren Orgel setzte sich Jürgen Schlag, Enkel des letzten Geschäftsführers der Orgelbaufirma Schlag & Söhne, besonders ein. Ein Kuratorium beauftragte die Orgelwerkstatt Christian Scheffler in Sieversdorf mit der Restaurierung der Orgel. Fördergelder kamen vom Norwegischen Kulturfonds für den Erhalt herausragender Kulturdenkmäler in Europa, von der Bundesregierung für Kultur und Medien und von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Auf die Restaurierung der Orgel entfallen allein 850.000 Euro. Diese konnte im Juni 2016 abgeschlossen werden.

Gehäuse: Die farbige Fassung und Vergoldung an der großen Orgel übernahm der Schweidnitzer Maler Johann Daniel Kube, der die Arbeit 1788 beendete.
Windladen: Kegelladen
Spieltraktur: pneumatisch
Registertraktur: pneumatisch
Registeranzahl: 60+2 Transmissionen
Manuale: 3, C-g 3
Pedal: C-f1



Disposition


Disposition


Disposition


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Bibliographie