Prüm, St. Salvator: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 24. Juli 2019, 11:38 Uhr
Adresse: Hahnplatz 18, 54595 Prüm, Eifelkreis Bitburg-Prüm, Rheinland-Pfalz, Deutschland
Gebäude: Katholische Basilika St. Salvator
Orgelbauer: | Johannes Klais, Bonn, Op. 1479 |
Baujahr: | 1973 |
Geschichte der Orgel: | Für 1574 bestätigt ein Visitationsprotokoll das Vorhandensein einer in den Reformationswirren untauglich gewordenen Orgel, die 1581 neu hergerichtet wurde.
Die heutige Basilika wurde ab 1721 von Johann Georg Judas als Nachfolgerin der mittelalterlichen „Goldenen Kirche“ erbaut; sie stellt den größten Kirchenneubau des 18. Jahrhunderts im Erzbistum Trier dar. Da in der Folge auch die sich anschließenden Gebäude der Benediktinerabtei neu errichtet wurden, fehlte für die Anschaffung einer dem Kirchenraum angemessenen Orgel zunächst das Geld. Deren Neubau kam erst 1783-86 zustande. Der Konvent und der Trierer Kurfürst bewilligten dazu und zur Anschaffung von Altären 4.000 Reichsthaler, die die Kellnerei Schönecken in vier Jahresraten leistete. Das 1786 von Johann Bernhard Nollet (Orval/Belgien) fertiggestellte Instrument verfügte lt. Bauvertrag über 25 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die bei Bösken/Fischer/Thömmes (siehe unten) wiedergegebene Disposition der Orgel wirft einige Fragen auf. Tremulant und Glockenspiel wären nach der Quelle in der Zählung der 25 genannten Register enthalten, dagegen sind keine Pedalregister aufgeführt. Vielleicht war das Pedal dieses Instruments nur angehängt, d.h. nicht mit eigenen Registern besetzt, sondern nur zum Spiel der tiefen Töne des Hauptwerkes dienend. Zwar ist bekannt, dass die Orgelbauerfamilie Nollet oft als einziges Pedalregister eine Posaune 16‘ baute, dieses Register ist aber nicht explizit im Vertrag für Prüm genannt. Auffallend ist weiterhin, dass die Disposition kein 16‘-Prinzipalregister, für das das gewaltige Gehäuse zweifelsohne ausgelegt wurde, nennt. So war mit dem Schreiner des Gehäuses vertraglich vereinbart worden: „Die hohe von Pedal binnen licht 18 Schuh muss haben (...).“ Eventuell war der Bau eines offenen 16‘-Registers für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen und/oder der Prospekt war zunächst nur mit Attrappen besetzt, wie es zum Beispiel auch bei der König-Orgel im Kloster Steinfeld der Fall war (dort waren Holzattrappen in den Pedaltürmen eingebaut). Neben dem Register Flaut travers 8‘ Discant wird im Positiv eine Floet travers Discant ohne Angabe einer Fußtonlage erwähnt; evtl. könnte es sich in Analogie zu der dort vorhandenen Viol di Gamba 16‘ bei der zweiten Nennung ebenfalls um ein 16‘-Diskantregister handeln, wenn kein Übertragungsfehler vorliegt. Dagegen fehlt im Positiv ein grundlegendes, auch im Bass ausgebautes Labialregister wie Bourdon 8‘. Die am Ende der Positivregister genannte „Trompete Ristit 18‘ Discant“ wirft ebenfalls Fragen auf, möglicherweise handelt es sich um einen Schreib- oder Übertragungsfehler und es war Trompete Récit 8‘ Diskant für ein solistisch verwendbares Register gemeint. Nach dem Einmarsch der französischen Soldaten 1794 wurde die erst acht Jahre alte, noch 1790 von Johann Philipp Hartung revidierte Orgel geplündert und durch Zerstörung der Spielanlage unbrauchbar. Nach der Säkularisation stellte man die Orgel der 1826 abgebrochenen Stiftskirche (Stumm 1742) vor dem Gehäuse der Nollet-Orgel auf. 1863 konnte die Nollet-Orgel durch einen Neubau mit 39 Registern auf zwei Manualen von Heinrich Wilhelm Breidenfeld, Trier, im alten Gehäuse ersetzt werden; die alte Stummorgel wurde nach Stadtkyll verkauft. 1914 arbeitete die Firma Stahlhut (Aachen) an der Basilikaorgel und fügte unter anderem einen neuen Prinzipalbass 16‘ hinzu. Nach Kriegszerstörungen wurde Mitte 1950 ein Teilausbau der Orgel mit 13 Registern auf zwei Manualen und Pedal von Orgelbau Klais (Bonn) realisiert, zunächst mit einem Notspieltisch. 1951 folgte dann ein auf drei Manuale und 39 Register (plus einer Transmission) ausgelegter neuer Spieltisch mit elektrischen Trakturen, an den nur die Register des Teilausbaus angeschlossen wurden. Diese Orgel sollte die Breidenfeld-Schleifladen für Hauptwerk und Brustwerk weiterverwenden, für Schwellwerk und Pedal waren neue Kegelladen vorgesehen. Die damals geplante Disposition ist unten wiedergegeben. 1973 wurde dann unter Verwendung der Register des Teilausbaus die heutige Orgel von Klais mit einem wiederum neuen Spieltisch mit mechanischer Spieltraktur erbaut. Dabei verwendete Klais das imposante Gehäuse der Nollet-Orgel weiter, daneben wie geplant auch die beiden Windladen sowie die gelungene offene Flöte des Hauptwerks von Breidenfeld. Gegen den Willen eines Trierer Orgelsachverständigen, der für die große Kirche (über 42.000 Kubikmeter Rauminhalt) eine zweimanualige Orgel als ausreichend erachtete, konnten Kantor Josef Monter und Pastor Robert Lürtzener eine Vergrößerung der Disposition der bereits in Auftrag gegebenen Orgel von 31 Registern auf 43 Register erwirken. Es kam ein im Untergehäuse der Orgel eingebautes Schwellwerk mit 12 Registern sowie eine Spitzflöte 4’ im Pedal hinzu, dafür entfiel die ursprünglich vorgesehene Trompete 16’ im Hauptwerk. Die Klais-Orgel von 1973 greift in Disposition und klanglicher Ästhetik den franko-flämischen Stil Nollets auf, erweitert um französisch-romantische Elemente im Schwellwerk, und erklingt seit ihrer Erbauung regelmäßig konzertant. Bei der umfangreichen Innensanierung der Basilika 2018/19 wurde die Orgel eingehaust. Sie wird bis Ende August 2019 von der Firma Orgelbau Fasen, Oberbettingen, saniert und gereinigt. |
Gehäuse: | 1783, Johann Baptist Molitor (Prüm), möglicherweise nach einem Entwurf von Johannes Seiz (kurfürstlicher Hofbaumeister und Architekt des Abteigebäudes). Fünf Türme (zwei hohe äußere und drei niedrigere innere, deren mittlerer tief heruntergezogen ist), die durch Gesims besonders betont und mit Flachfeldern verbunden sind. Durchbrochenes Ornament mit Laubwerk und Früchten.
Neben dem Chorgestühl ist das Orgelgehäuse der einzige Teil der Ausstattung, der ursprünglich für die Basilika erstellt worden ist. |
Temperatur (Stimmung): | gleichstufig |
Windladen: | Schleifladen |
Spieltraktur: | mechanisch |
Registertraktur: | elektrisch |
Registeranzahl: | 43 |
Manuale: | 3 C-g3 |
Pedal: | C-f1 |
Spielhilfen, Koppeln: | Normalkoppeln, Subkoppel SW-HW (in den 1990er Jahren eingebaut), seit 1996 4 x 1.024 Setzerkombinationen (ursprünglich Sternchensetzer mit sechs mechanischen Setzerkombinationen) |
Klais-Orgel (1973)
I Positiv | II Hauptwerk | III Schwellwerk | Pedal |
Bourdon 8'
Quintade 8' Principal 4' Waldflöte 4' Oktave 2' Quinte 11/3' Sesquialtera 2fach 22/3' Scharff 3-4fach 1' Cromorne 8' |
Bourdon 16'
Principal 8' Flute ouverte 8' Salicional 8' Octave 4' Rohrflöte 4' Quinte 22/3' Superoctave 2' Cornet 4fach 4' [1] Mixtur 4fach 11/3' Cymbel 3fach 1/2' Trompete 8' |
Rohrflöte 8'
Gamba 8' [2] Schwebung 8' [3] Fugara 4' Flötgedackt 4' Nasard 22/3' Schweizerpfeife 2' [4] Terz 13/5' Sifflet 1' Acuta 5fach 2' Basson 16' Hautbois 8' Tremulant |
Principal 16'
Subbass 16' Octave 8' Holzflöte 8' Octave 4' Spitzflöte 4' Hintersatz 4fach 22/3' Posaune 16' Trompete 8' Clarine 4' |
Anmerkungen
1951 geplante Klais-Orgel (1950/51 realisierter Teilausbau kursiv)
I Hauptwerk | II Brustwerk | III Schwellwerk | Pedal |
Gedacktpommer 16'
Principal 8' Holzflöte 8' Salicional 8' Oktav 4' Rohrflöte 4' Nasat 22/3' Schwegel 2' Mixtur 4fach 11/3' Cymbel 3fach Cornet 2-4fach 4' Trompete 8' |
Nachthorngedackt 8'
Gemshorn 8' Quintadena 8' Praestant 4' Blockflöte 4' Principal 2' Sifflöte 11/3' Sesquialter 2fach 22/3' Scharff 3-4fach Krummhorn 8' |
Lieblich Gedackt 8'
Spitzgamba 8' Principal 4' Querflöte 4' Waldflöte 2' Rauschpfeife 2fach Terzcymbel 4fach Schalmey 8' - Tremulant - |
Principal 16'
Subbass 16' Zartbass 16' (Transmission HW) Oktavbass 8' Flötenbass 8' Choralbass 4' Nachthorn 2' Hintersatz 4fach Posaune 16' Basstrompete 8' |
Anmerkungen zur 1951 geplanten Klais-Orgel
Schleifladen von Breidenfeld für Haupt- und Brustwerk, neue Kegelladen von Klais für Pedal und Schwellwerk; elektrische Trakturen; zwei freie Kombinationen, eine zusätzliche Pedalkombination, Tutti; Subkoppeln BW-HW und SW-HW; Registercrescendo (Walzenschweller); Einzelabsteller für Zungen und Manual-16'
Breidenfeld-Orgel (1863, nicht erhalten)
Manual I | Manual II | Pedal |
Principal 16'
Bourdon 16' Principal 8' Fleute ouverte 8' Viola di Gamba 8' Quintatön 8' Fleute traverse 4' Waldflöte 4' Octav 4' Quinte 3' Superoctav 2' Mixtur 4fach Cymbel 3fach Cornett 4fach Trompete 8' B+D |
Viola di Gamba 16'
Echo Salicional 16' Principal 8' Fleute travers 8' Salicional 8' Stillgedackt 8' Fleute amour 4' Gemshorn 4' Octav 4' Quinte 3' Stillflöte 2' Octav 2' Mixtur 3fach Baßetthorn 8' |
Principalbaß 16' (1914 eingeb.)
Violonbaß 16' Subbaß 16' Praestant 8' Violoncello 8' Octav 4' Schweizerbaß 2' Posaune 16' Trompete 8' Clarine 4' Cornettino 2' |
Nollet-Orgel (1786, nicht erhalten)
Hauptwerk | Positive vier fuß |
Montre 8'
Bourdon 8' Viol di Gamba 8' Octave 4' Quint 3' Octave 2' Terz 13/5' Mixtur 4fach Cornete 5fach Trompet 8' B+D Clairon 4' B+D Vox Angelica 2' B |
Montre 4'
Flaut 4' Flaut travers 8' D Gedeckte Quint (22/3'?) Octave 2' Krumbhorn 8' B+D Vox Humana 8' B+D Hubois (8'?) Viol di Gamba 16' D Floet travers D (8' oder 16'?) Trompet Ristit (Récit?) 18' (8'?) D Tremulant Glockenspiel |
Bibliographie
Anmerkungen: | Fotos: Martin Schmitz, 15./16. Juni 2019 |
Literatur: | Marx/Oster: Die Geschichte der Pfarreien der Dekanate Prüm und Waxweiler, Trier 1927, insbesondere Seite 236f.
Wiedergabe der Disposition der Nollet-Orgel nach der Darstellung in Bösken / Fischer / Thömmes, Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheines, Band 4/2, S. 864f. Freundliche Mitteilungen der Firma Klais im Juli 2019 |
Discographie: | CD „Orgelmusik aus der Basilika St. Salvator Prüm“ - Christoph Schömig spielt französische Orgelmusik |
Weblinks: | Informationen zur Innenrenovierung der Basilika auf der Homepage der Pfarreiengemeinschaft Prüm
Informationen zu Johann Bernhard Nollet auf www.abteiorgel.de
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