Stuttgart, Johanneskirche
Adresse: 70176 Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland
Gebäude: Evangelische Johanneskirche
Orgelbauer: | Weigle Orgelbau |
Baujahr: | 1948 |
Geschichte der Orgel: | 1865 bis 1876 wurde die Johanneskirche am Feuersee im neugotischen Stil von Oberbaurat Christian Friedrich von Leins erbaut. Am 18. September 1865 erfolgte der ersten Spatenstich, die Grundsteinlegung wurde erst am 30. Oktober 1866 gefeiert. Die Weihe fand am 30. April 1876 statt. Für den Kirchenneubau errichtete die Firma von Friedrich Weigle eine dreimanualige Orgel auf mechanischen Kegelladen. Der erste Organist war Prof. Reinhold Seyerlen.
In den 1930er Jahren wandeln sich die Klangideale. Herbert Liedecke schreibt dazu: "Meiner Generation, die in den 30er Jahren begeistert auf den Wogen der Orgelbewegung und der Rückbesinnung auf die organalen Werte der Barockorgel schwamm, fiel es leicht, die Gruppe der Streicher zu liquidieren und dafür Obertonregister (2', 1', Quinten, Terzen u.a.) zu gewinnen und die Mixturen höher zu setzen. Das war für alle Beteiligten, Orgelbauer und Organisten, eine lukrative Sache: Da die Mensuren der Streicher für die erwünschten Obertonregister meistens geeignet waren, brauchte man nur abzuschneiden; es fiel wertvolles Zinn ab, die Sache konnte preiswert durchgeführt werden - und wir Organisten hatten unsere Freude an den neuen bzw. alten Klängen, konnten unsere „Alten Meister" stilvoll spielen und hatten auch für die Komponisten unserer Zeit, selbst für Reger, mehr Farbigkeit und Transparenz des Klangs zur Verfügung. Unter solchen Gesichtspunkten wurde auch die Orgel der Johanneskirche im Kriegsjahr 1942 umdisponiert: alle acht Streicher vom Contrabaß 16' bis zum Dolce 4' wurden umgemodelt oder durch Register wie Regal, Dulzian u.a. ersetzt.[1] Durch Einfügen von kleinen Mixturen ins Echomanual und von gemischten Stimmen ins Pedal wurde der Werkcharakter angebahnt." Der Zweite Weltkrieg sorgte in mehrfacher Hinsicht für Zerstörungen. Einem Bombenangriff vom 11. März 1943 fielen die Kirchenfenster zum Opfer und im Oktober 1943 brannte, durch einen durch die Luftangriffe auf Stuttgart entfachten Funkenflug der Dachstuhl ab und das Gewölbe stürzte ein. Im Frühjahr 1944 wurde die Turmspitze zerstört. "Die Orgel wurde schwer beschädigt und der Spieltisch zerstört. Erhalten blieb nach Herbert Liedecke der Unterteil des Gehäuses, die Windladen samt den großen Magazinbälgen und ein Großteil des Pfeifenwerks, darunter die großen Register. Diese Teile dienten als Grundlage für den vergrößerten Wiederaufbau der Orgel, der in vielen Kleinen Etappen von 1948 bis 1958 erfolgte. Die Disposition stammt von KMD Walther Lutz. Das I. Manual (Hauptwerk) wurde ähnlich wie 1876 angelegt, jedoch um eine Trompetenbatterie angereichert. Das II. Manual wurde zum Barockwerk ausgebaut, wie es schon 1942 angestrebt war. Das III. Manual wurde vom Echomanual zum Schwellwerk vergrößert und mit einem ergiebigen Labialfundament und zarten Zungenregistern besetzt. Das Pedalwerk basierte wieder auf den erhaltenen großen Stimmen, wozu noch gemischte Stimmen und kräftige Zungenstimmen bis zur 2'-Lage traten." (s. Liedecke) Die Weigle-Orgel wurde 2005 von Orgelbau Mühleisen renoviert. In diesem Zuge wurde das Krummhorn 8' im Positiv gegen eine Klarinette 8' ersetzt und das zwischenzeitlich ausgelagerte Cornett 2' wieder eingebaut. Zwei neue Oktavkoppeln wurden ebenfalls eingebaut. Die zwei freien Kombinationen wurden durch eine neue Setzeranlage ersetzt und die Elektrik der Orgel vollkommen erneuert. Schließlich wurde auch die Intonation grundlegend überarbeitet. Das Klangbild ist nach wie vor von der an sich wenig zu vereinbarenden Koexistenz romantischer und neobarocker Ideale geprägt, was Fragen nach der künftigen stilistischen Ausrichtung des Instruments aufwirft. |
Umbauten: | 2005 Renovierung durch Orgelbau Konrad Mühleisen |
Gehäuse: | Freipfeifenprospekt (anstelle des vermutlich im Krieg zerstörten neugotischen Prospekts der Orgel von 1876) |
Windladen: | Kegelladen |
Spieltraktur: | elektropneumatisch |
Registertraktur: | elektropneumatisch |
Registeranzahl: | 58 |
Manuale: | 3 C-g3 |
Pedal: | 1 C-f1 |
Spielhilfen, Koppeln: | Koppeln:
Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P Suboktavkoppel: III/III Superoktavkoppel: III/P
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Disposition
I Hauptwerk | II Positiv | III Schwellwerk | Pedal |
Prinzipal 16'
Quintatön 16' Prinzipal 8' Gemshorn 8' Gedackt 8' Salicional 8' Octave 4' Nachthorn 4' Quinte 22/3' Octave 2' Mixtur 6f 2' Scharff 3-4f 1' Kornett 5f 4' Fagott 16' Trompete 8' Klarine 4' |
Spitzflöte 8'
Lieblich Gedackt 8' Prinzipal 4' Rohrflöte 4' Oktave 2' Quintflöte 11/3' Schweizerpfeife 1' Scharff 4f 1' Sesquialter 2f Klarinette 8'[2] |
Pommer 16'
Prinzipal 8' Flöte 8' Dulciana 8' Quintatön 8' Octave 4' Querflöte 4' Blockflöte 4' Nasat 22/3' Octave 2' Gemshorn 2' Terzflöte 13/5' Sifflöte 1' Mixtur 5f Schreipfeife 3f 11/7' Terzzimbel 3f 1/6' Dulcian 16' Oboe 8' Tremulant |
Kontrabass 32'
Prinzipalbass 16' Violonbass 16' Subbass 16' Oktavbass 8' Flötenbass 8' Oktavbass 4' Bauernflöte 2' Basszink 4f 51/3' Hintersatz 5f 4' Posaune 16' Trompete 8' Klarine 4' Cornett 2'[3] |
- Anmerkungen
Bildergalerie
Weigle-Orgel 1876-1944
Orgelbeschreibung
Orgelbauer: | Carl Gottlieb Weigle |
Baujahr: | 1876 |
Geschichte der Orgel: | s.o. |
Umbauten: | 1939/42 Umbau im neobarocken Sinne |
Gehäuse: | Neugotisch |
Windladen: | Kegelladen |
Spieltraktur: | mechanisch (Barkerhebel für I. Manual) |
Registertraktur: | mechanisch |
Registeranzahl: | 48 |
Manuale: | 3 C-f3 |
Pedal: | C-d1 |
Spielhilfen, Koppeln: | Koppl. II/I, III/I, I/P, II/P
Feste Komb. (jeweils für I, II, III, P) piano, forte, Tutti; Schwelltritt Echowerk, Crescendo-Decrescendotritt (mit zwei Anzeigetafeln) |
Disposition 1876-1939
I Hauptwerk | II Unterwerk | III Echowerk | Pedal |
Principal 16'
Principal 8' Viola di Gamba 8' Doppelflöte 8' Gedeckt 8' Dulciana 8' Quintflöte 51/3' Oktave 4' Fugara 4' Rohrflöte 4' Quinte 22/3' Superoktav 2f 2' Mixtur 6f 4' Kornett 4-5f 8' Trompete 8' |
Bourdon 16'
Principal 8' Fugara 8' Flöte 8' Gedeckt 8' Salicional 8' Oktave 4' Traversflöte 4' Spitzflöte 4' Flautino 2' Mixtur 5f 22/3' Klarinett 8' |
Gemshorn 8'
Liebl. Gedeckt 8' Spitzflöte 8' Viola 8' Zartflöte 8' Aeoline 8' Gemshorn 4' Flauto amabile 4' Oboe 8' |
Contraviolon 32'
Principal 16' Subbaß 16' Contrabaß 16' Violon 16' Oktavbaß 8' Flötenbaß 8' Violoncello 8' Octavbass 4' Posaune 16' Bassetthorn 8' |
Disposition 1939/42-1944[1]
I Hauptwerk | II Unterwerk | III Echowerk | Pedal |
Principal 16'
Principal 8' Salicional 8' Doppelflöte 8' Gedeckt 8' Quintflöte 51/3' Oktav 4' Rohrflöte 4' Quinte 22/3' Superoktav 2fach Gemshorn* 2' Mixtur 6fach Kornett 4-5fach Trompete 8' Clarine* 4' |
Pommer* 16'
Principal 8' Flöte 8' Quintatön* 8' Oktav 4' Traversflöte 4' Nasat* 22/3' Ital. Oktav* 2' Terz* 13/5' Mixtur 5fach Dulzian* 16' Clarinette 8' |
Liebl. Gedeckt 8'
Spitzflöte 8' Prinzipal* 4' Blockflöte* 4' Prinzipal* 2' Quinte* 11/3' Schwiegel* 1' Scharff* 2-3fach Rohrschalmei* 8' |
Contrabass 32'
Principal 16' Subbaß 16' Contrabaß 16' Violon 16' Oktavbaß 8' Flötenbaß 8' Octavbass 4' Bauernflöte* 2' Posaune 16' Bassetthorn 8' |
- Anmerkung
- ↑ Änderungen und neue Register mit (*) gekennzeichnet
Verweise
Bibliographie
Anmerkungen: | Angaben: Webseite der Firma Mühleisen - Juli 2018 |
Literatur: | Liedecke, Herbert: Die Orgel der Johanneskirche in Stuttgart. Württembergische Blätter für Kirchenmusik 53 (1986), 201-203. |
Weblinks: | Webseite der Kirchengemeinde
Die Orgel 1876 bei schwaebische-orgelromantik.de [Eintrag bei orgbase.nl] (block. Link) Ausführliche Beschreibung und viele Bilder bei kirchen-online.org |