Sonnenbühl/Undingen, Neuapostolische Kirche

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Trefz-Orgel der Neuapostolischen Kirche Sonnenbühl
Spieltisch
Registerzüge links
Registerzüge rechts
Orgelbauer: Tilman Trefz, Stuttgart-Vaihingen
Baujahr: 2011
Temperatur (Stimmung): nach dem Werkstattbuch von Johann Christoph Wiegleb
Windladen: Schleifladen
Winddruck 62 mm WS (Manuale)
Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: mechanisch
Registeranzahl: 12
Manuale: 2, C–f3
Pedal: C–d1
Spielhilfen, Koppeln: II/I, I/P, II/P, Tremulant (wirkt auf beide Manuale)



Disposition

I Hauptwerk II Echo Pedal
Principal 8' [1]

Copel 8' [2]

Violoncell 8' [3]

Octav 4' [4]

Flauten 4' [5]

Nazard 3' [6]

Superoctav 2' [4]

Sesquialtera 2f [7]

Mixtur 3f [4]

Bordun 8' [8]

Dulciana 4' [9]

Subbaß 16' [10]


Anmerkungen
  1. Metall 70% Prospekt C-h'
  2. Metall 40%, gedeckt
  3. Metall 70%, C–Fis als Quintatön
  4. 4,0 4,1 4,2 Metall 70%
  5. Holz, Fichte/Eiche/Birnbaum, offen ab C
  6. Metall 40%, gedeckt bis gis°
  7. Metall 40%
  8. C–H Holz, Fichte/Eiche; Metall 40% ab c°, gedeckt, ab g° mit Rohr
  9. Metall 40%, konisch bis f3, dann zylindrisch
  10. Holz, Fichte/Eiche, gedeckt




Bibliographie

Anmerkungen: Angaben, Text und Bilder: OSV Andreas Ostheimer - Juli 2019, sowie tilmantrefz.de (Registerdetails)

Zur Konzeption (Verfasser: OSV Andreas Ostheimer, mit freundlicher Genehmigung)

Die Ausschreibung sah als stilistische Vorgabe für den Klang des Instruments, nicht für das Gehäuse, eine spätbarocke Orgel des süddeutschen Raumes (Fränkisch über Hohenlohe ins Oberschwäbische) vor. In der Detailplanung wurden Disposition und Mensuren auf ein genaues Vorbild ausgerichtet. Die Diskussionen führten zu einer konsequenten Umsetzung einer Disposition nach Johann Nepomuk Holzhey.

Die Mensuren wurden nach Forschungen des Sachverständigen an den Werten der Orgel in Rot an der Rot mit OBM Tilman Trefz gemeinsam in Mensurdreiecken nach traditioneller Weise konstruiert und von Franco Sinistra, Überlingen, zum Bau der Metallpfeifen verwendet. Die Holzpfeifen sowie Hauptwerks- wie Pedallade und Gehäuse stammen von Dietmar Grether, Breisach am Rhein. Weiterer Mitarbeiter in der Konstruktion, der Mechanik und vor allem Spieltischbau war Konrad Bucher, Ottersweier.

Das Instrument steht in unaufdringlicher Prospektform in der seitlichen Brüstung der rückwärtigen Empore. Der einfache Rahmen, kompliziert in der profilierten Ausführung in Massivholz, umschließt die Principalpfeifen des Prospekts, die in 4 Feldern die Terzteilung der Hauptwerkswindlade wiedergeben. An den Seiten sind Pfeifen des Subbaß und der Dulciana zu sehen.

Die Spielanlage ist seitlich angebaut. Die Klaviaturen wurden in Anlehnung an barocke Vorbilder mit verkürztem Vorderblatt und kürzerer Obertaste gebaut. Ein Tastenüberstand wurde vermieden. Der Einschub der Pedalklaviatur wurde ebenso verringert, verwendet wurde eine flache Klaviatur, die einen Kompromiß zwischen Anlehnung an Vorbilder und heutigem Spielgebrauch anstrebt. Die Registerstaffeln sind entsprechend den Holzhey-Spieltischen in Rot an der Rot, Weißenau oder Obermarchtal auf beide Seiten der Klaviatur verteilt, die Beschriftung erfolgte ebenfalls nach diesen Vorbildern auf Schrägen über den Zügen. Die gesamte Optik einschließlich des verwendeten Holzes (Zwetschge) wurde adäquat der Ästhetik des Klanges gestaltet. Alles wurde mit Liebe zum Detail gestaltet, bis hin zur farblichen Abstimmung der Belederung unter den Tasten mit den Registerstaffeln.

Das Obermanual (Echo) besitzt hängende Traktur, die Traktur des Hauptwerks wird über Stecher auf ein Wellenbrett geleitet, das die Abstrakten auf eine senkrechte Flucht parallel zur Windlade des Hauptwerks um- und in die Orgel lenkt. Die Abstrakten verlaufen oberhalb der Windlade und des Ventilkastens in einem senkrecht stehenden Wellenrahmen. Aus diesem heraus werden die liegenden Ventile nach oben aufgezogen. Diese einmalige und aufwendige Mechanik hat nicht nur den Vorteil der extrem sensiblen Spielweise, die einer hängenden Traktur gleichkommt, sie ermöglicht jederzeit den freien Zugang zur Mechanik.

Zwei Keilbälge versorgen die Orgel mit Wind. Der erste, kleinere dient als Vorbalg und gleichzeitig als Windreservoir für den Subbaß, der zweite ist durch einen großen Kanal mit der Hauptwerkslade verbunden und durch diese hindurch mit dem Echowerk. Der Kanaltremulant ist dem Hauptwerk vorgeschaltet und wirkt daher auf beide Manuale. Der freie, atmende Wind ist außerordentlich musikalisch und angenehm. Der Winddruck ist in den Manualen auf 62 mm festgelegt, dies entspricht dem Winddruck der Orgel von Obermarchtal, die zur Zeit restauriert wird. Im Hauptwerk ist die Normallage, die 8'-Lage, mehrfach besetzt mit Principal, Violoncell und Copel. Der Principal, im Prospekt bis h', ist in der Tiefe etwas voluminöser genommen, damit die Baßlage auch für das Pedal verstärkt wird. Dies gilt auch für die Copel. In der Ansprache ist der Principal etwas weicher als die Octav 4' gehalten. Die Copel besitzt eine sehr ruhige und runde Intonation. Das Violoncell ist nicht als einfacher Streicher das leiseste Register, es ist vielmehr nach barocker Weise das Farbregister, das mit deutlich verzögerter Ansprache sowohl Copel wie Principal bereichert, der besondere Reiz liegt dabei auch in der immer leicht unterschiedlichen Ansprache. Die Octav 4' ist ebenso wie die Superoctav 2' und die Octavchöre der Mixtur einem Mensurdreieck entnommen, das den Principal 8' fortsetzt. Auch dadurch wird ein strahlender, prächtiger Klang erreicht. Copel und Flauten bilden die sanften Register mit deutlich unterschiedlichem Charakter. Der Bordun im Echowerk kann sowohl als Begleitregister als auch durch den Wechsel zur Rohrflötenbauweise als Solostimme verwendet werden. Die Dulciana ist bei Holzhey ein konisches Metallregister im Echo. Sie hat eine Ansprache, die in der Tiefe zur Glasharfenansprache des Violoncell 8' passt, in Mittellage zur Echoform der Octav 4' und dann im Diskant flötend wird. Damit ist das Echowerk ideal als Begleit- wie Solowerk besetzt. Die Aliquoten führen die größtmögliche Farbigkeit fort, das Nazard ist nach der weiten Cornett-Mensur Holzheys gebaut, verschmilzt hervorragend mit allen anderen Stimmen, die Sesquialtera bringt im Baß durch die hohe Terz 4/5' Schärfe und Zungencharakter, im Diskant eine kräftige Klangfarbe aus der Verwendung der engeren Hörnle-Mixtur Holzheys.

Bei aller Farbigkeit und Pracht bleibt das Klangbild dennoch weich und unaufdringlich, was sicherlich auf das Zusammenspiel vieler Faktoren, Balgform, Winddruck, Windladenbauweise, Mensuren und nicht zuletzt die sehr vorsichtige Intonation zurückzuführen ist. Bei der Intonation wurden bewußt manche Unebenheiten belassen, die dem Instrument Leben geben.

Als Temperatur wurde die Stimmung nach dem Werkstattbuch des Orgelbauers Johann Christoph Wiegleb festgelegt.

Die neue Orgel in Sonnenbühl kann mit Recht als einzigartig in mehrfacher Hinsicht beschrieben werden: Nicht nur innerhalb der Neuapostolischen Kirche ist sie einzigartig in der konsequenten Durchführung des spätbarocken Konzeptes, der Mensuren, der Intonation insgesamt wie im Detail, einzigartig ist das nach Maihinger und Roter Vorbild klingende Violoncell, einzigartig ist die Trakturführung. Einzigartig war aber auch die intensive und immer konstruktive Zusammenarbeit aller, insbesondere des innersten Planungsteams mit Tilman Trefz, Konrad Bucher, Timo Reikowski und dem betreuenden Sachverständigen.

Andreas Ostheimer

Weblinks: Beschreibung der Trefz-Orgel auf der Webseite der Kirchengemeinde

Vorstellung beim Orgelbauer, Aufnahmen mit Andreas Ostheimer und Andreas Mattes (Buxtehude und Pachelbel)


Videos

Andreas Ostheimer: 10 Jahre Orgel in Sonnenbühl