Scuol/Tarasp, Schloss

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Scuol/Tarasp, Schloßansicht.
Scuol/Tarasp, Schloss, Jehmlich-Orgel.
Schloss Tarasp, Jehmlich-Orgel.
Orgelbauer: Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden, op.367. Restaurierung 1993 durch Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH
Baujahr: 1916
Geschichte der Orgel: Um 1040 ließ Graf Ulrich der I. auf dem Burghügel eine Burg errichten. Nach 1177 wechselte die Burg häufig ihren Eigentümer. 1464 kam die Burg in österreichischen Besitz. Dies führte zur Fehde zwischen den Unterengadinern und Österreich. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde die Burg als Grenzfestung ausgebaut. 1612 hat die Bündner Bevölkerung die Burg erstürmt und verwüstet. Tarasp verblieb am Ende des Dreißigjährigen Krieges bei den Österreichern. 1714-1716 ließen die Fürsten von Dietrichstein die Burg renovieren. 1803 fiel die österreichische Enklave an die Schweiz. Der Kanton Graubünden verkaufte das heruntergekommene Schloss 1829. Die Besitzer wechselten bis 1900 der Dresdner Industrielle und Mäzen August Lingner das Schloss erwarb. Er ließ es von 1907 bis 1916 im Stil des Historismus renovieren. Lingner beauftragte für die Bauausführung den Kunsthistoriker Kuno Ferdinand Graf von Hardenberg und den Burgfachmann Johann Rudolf Rahn. Von den Dresdner Orgelbauern Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil) ließ eine neue Orgel bauen, die 1916 fertiggestellt wurde. Die Orgel zählte mit 38 Registern, 4 Transmissionen und 1 Sonderregister auf III Manualen und Pedal zu den größten europäischen Orgeln in Privatbesitz. August Lingner konnte sich nicht mehr des neuen Orgelwerkes erfreuen, weil er am 5. Juni 1916 starb.

Bereits im Jahr 1920 versagte der Orgelventilator und ließ das Werk ohne Wind. Nach 60 Jahren versuchte ein Orgelbauer aus Felsberg mit Wind die Orgel zum Leben zu erwecken. 1979 spielte die Orgel wieder und es konnte an eine umfangreiche Restaurierung gedacht werden. 1992/1993 wurde die Orgel umfassend von der Erbauerfirma, dem Jehmlich Orgelbau Dresden, restauriert und wieder spielbar gemacht. Am 24. Juli 1993 fand die Orgelweihe statt. Lingners Vision wurde so verspätet doch noch Wirklichkeit. Das Schloss ging 1916, nach dem Tode Lingners, an den Großherzog Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt und bei Rhein und dessen Erben und blieb bis 2016 in deren Besitz. Im Jahr 2016 kaufte es der Unterengadiner Künstler Not Vital.

Die Schlossorgel Tarasp ist ein Instrument mit vielen Facetten. Man kann sich einmal im Konzertsaal wähnen, dann wieder in der Kirche oder in der Oper oder gar im Stummfilmkino. Sie ersetzt gewissermaßen ein ganzes Orchester. …Geschickt ist die Orgel in den baulichen Kern des Schlosses eingefügt, unsichtbar für das Publikum und dennoch von hervorragender klanglicher Wirkung. Durch Schallöffnungen klingt sie in den Festsaal, durch Türchen, Schächte und Fenster ins weitere Gebäude und in den Hof. In einem drei Stockwerke hohen Raum sind 6 Windladen, rund 2500 Pfeifen und die pneumatischen Einrichtungen untergebracht. … Ein großer Balg mit elektrischem Ventilator versorgt das Orgelwerk…Der Spieltisch ist hinter einer Tapetentür verborgen…Vox humana und Vox angelica mit eingebautem Tremulanten stehen in einem separaten Raum als Fernwerk und werden vom III. Manual aus bedient. Ein Glockenspiel wurde seinerzeit technisch vorbereitet, aber nicht ausgeführt. Das hat erst die Restaurierung nachgeholt…Walter A. Büchi, 1994

Windladen: Kegelladen
Spieltraktur: pneumatisch
Registertraktur: pneumatisch
Registeranzahl: 38 + 3 Transmissionen
Manuale: 3, C-a³
Pedal: C-f1
Spielhilfen, Koppeln: KOPPELN:

Manualkoppel: II-I; lll-l; lll-ll;

Pedalkoppel: l; ll; Ill, Super-Octavkoppel Ill-ll; Ill-lll; ll-ll; I-I;

Sub-Octavkoppel Ill-ll; II-I; Pedaloctavkoppel, Generalkoppel, General-Octavkoppel

Melodiekoppel

SPIELHILFEN:

4fache freie Registervorbereitung (Piano, Mezzoforte, Forte, Fortissimo, Tutti)

Generalcrescendowalze

Schwelltritt für ll. und Ill. Manual, Schwelltritt für Fernwerk

Automatische Pedalumschaltung, Einzelausschaltung für sämtliche Register und

Koppeln aus Crescendo und Gruppen (Druckregister, Rohrwerke, Koppel, Crescendo)



Disposition nach der Restaurierung 1993

I.MANUAL II.MANUAL III.MANUAL PEDAL
Principal 8‘

Gambe 8‘

Konzertflöte 8‘

Salicional 8‘

Gemshorn 8‘

Octave 4‘

Spitzflöte 4‘

Octave 2‘

Mixtur 3-4fach

Bordun 16‘

Trompete 8‘

Principal 8’

Fugara 8’

Traversflöte 8’

Dolce 8’

Gedackt 8’

Viola 4’

Rohrflöte 4’

Harmonia aethera 3fach

Gedackt 16’

Schwebeflöte 8’ (Traversflöte mit Tremolo)

Oboe 8’

Gedackt 16‘ (Tranmission von II)

Geigenprincipal 8‘

Doppelflöte 8‘

Violine 8‘

Quintatön 8‘

Aeoline 8‘

Vox coelestis 8‘ (Fernwerk)

Vox angelica 8‘ (Fernwerk)

Salicet 4‘

Flûte d'amour 4‘

Piccolo 2‘

Clarinette 8‘

Vox humana 8‘

Glockenspiel c‘-a‘‘‘ über III.Manual

Violon 16‘

Subbaß 16‘

Gedacktbaß 16‘ (Transmission von II)

Octavbaß 8‘

Violoncello 8‘

Posaune 16‘

Trompetenbaß 8‘ (Transmission von I)



Bibliographie

Literatur: Freytag, Richard. Die Jehmlich-Orgel (1916) im Schloß zu Bad Tarasp/Vulpera (Kanton Graubünden): In: Ars Organi. Heft 2, 1981, S.136-138.

Fundazium Orgel dal Chastè da Tarasp. „Klingendes Schloss Tarasp“. [Schloß Tarasp, 1991]

Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH

Schneeberger, Heinz Roland: Die Orgel im Schloß Tarasp. In: Katholische Kirchenmusik; 107 (1982), 3, Seite 95-97.

Discographie: II SAINS DA. TARASP. Wolfgang Sieber an der Jehmlich-Orgel (1916) im Festsaal, Schloss Tarasp (Engadin Switzerland). Eine Koproduktion mit Schweizer Radio DRS 2-C+P1994 by Aurophon, Deutschland. [Mit Artikel im Textheft von Walter A. Büchi, 1994]
Weblinks: Wikipedia, Schloß Tarasp

Orgelverzeichnis Schweiz und Lichtenstein

Orgel-Verzeichnis-Schmidt, Schloss Tarasp

Wikipedia, Jehmlich Orgelbau Dresden

Ursula Hauser, Romantische Salonorgel Schloss Tarasp

Neue Züricher Zeitung. Bartu, Friedemann: Das klingende Schloss. 7.5.2010

Schloss Tarasp im Unterengadin

Not Vital Fundazion, Schloss-Tarasp