Mittweida, Stadtkirche „Unser Lieben Frauen“

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Stadtkirche Mittweida, Ladegast-Jehmlich-Orgel.
Stadtkirche Mittweida, Ladegast-Jehmlich-Orgel.
Stadtkirche Mittweida, Ladegast-Jehmlich-Orgel.
Stadtkirche Mittweida, Tobias Welller-Orgel 1648.
Alternativer Name: St. Marien
Orgelbauer: Neubau, Ladegast & Sohn, op.116, 42 Register, Umbau Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden, op.461 auf 72 Register, Restaurierung durch Eule Orgelbau, jetzt 73 Register.
Baujahr: Neubau1888, Umbau 1931, Restaurierung 2008
Geschichte der Orgel: Die evangelische Stadtkirche Unser Lieben Frauen Mittweida ist eine spätgotische Hallenkirche im Landkreis Mittelsachsen in Sachsen. Sie ist auch als St. Marien Mittweida bekannt.

Orgelgeschichte:

Die erste nachweisbare Orgel war seit 1494 bekannt, wie aus Besoldungsurkunden hervorgeht. Ein Nachfolgeinstrument erbaute 1505 Ambrosius Hentschel aus Annaberg. Diese Orgel verbrannte 1551. Danach wurde ein Positiv aus Roßwein genutzt.

1570 erhielt die Kirche eine neue Orgel, angefertigt von einem Roßweiner Orgelbauer. Diese verbrannte 1624.

1647 bis 1648 wurde eine neue Orgel von Tobias Weller, „Kurfürstlich-Sächsischer Hoforgelmacher“ aus Dresden erbaut mit 21 Registern auf 2 Manualen. Die Orgelweihe fand am 12.11.1648 statt. 1697 führte Johann Friederici aus Meerane eine Reinigung der Orgel und die Neubelederung der Laden und Bälge durch. 1698 Überholung und Verbesserung der Orgel durch Gottfried und Georg Richter aus Döbeln. 1720 Georg Renkewitz (Renckwiz), Organist in Augustusburg reparierte die Orgel. 1726 Johann George Görke, Orgelmacher aus Hessen-Kasel versetzte das Rückpositiv auf das Oberwerk und setzte 4 neue Bälge ein und ein Violon. Wegen der Tieferstimmung wurde ein Subbaß (4 Ellen lang) abgeschnitten und zugedeckt. 1754 Johann David Gerstenberg aus Geringswalde begutachtete die Orgel und stellte einen Kostenvoranschlag für eine Reparatur. 1781 Jacob Oertel aus Grünhain machte einen Kostenvoranschlag für eine Reparatur. Adam Gottfried Oehme aus Freiberg erklärt die Orgel, teils wegen der kurzen Oktave für völlig unbrauchbar. Der Hauptfehler war der Abbruch des Rückpositivs im Jahr 1726. Oehme empfiehlt einen Neubau und übersendet einen Aufriss. 1790 Organist Christian Gottlieb Keeseberg repariert das Werk notdürftig. 1791 letzter Ausbesserungsversuch. 1810 Johann Andreas Hesse aus Lunzenau macht einen Kostenanschlag.

1811 Abbruch der Orgel. Johann Christian Günther aus Lichtenwalde, baute eine neue zweimanualige Orgel, die am 9.9.1811 abgenommen wurde. Im Zuge der großen Kirchenrenovierung 1886/87 wurde die Orgel 1888 durch einen Neubau von Friedrich Ladegast ersetzt. Die Orgel hatte 42 Registern auf 3 Manualen. Im ersten Weltkrieg mussten die Zinnpfeifen abgegeben werden und wurden durch Zinkpfeifen ersetzt.

Diese Orgel wurde 1931 von den Gebrüdern Jehmlich (Bruno & Emil) aus Dresden umgebaut und erweitert. Das Besondere des Umbaus war die Zurückhaltung und auch der Respekt gegenüber dem Originalbau – ein Großteil der Ladegastpfeifen blieb erhalten, so auch der Prospekt. Die Orgel wurde von dem noch jungen Orgelbaumeister Otto Jehmlich meisterlich intoniert. Seit dieser Zeit verfügte die Orgel über einen elektrischen Spieltisch und eine elektromechanische Traktur. Die Orgel zeigte auf einmalige Weise den zwischen 1880 und 1930 eingetretenen Wandel im Orgelbau. 1973 erfolgte eine Genaralüberholung der Orgel durch den VEB Orgelbau Dresden, vormals Jehmlich. 2005 reparierte der Orgelbauer Gerd Christian Bochmann (1943-) aus Kohren-Sahlis die Orgel.

2008 Einbau eines elektronischen Trakturbypasses und eines neuen ausschwenkbaren Registertablos mit Setzerfunktion durch den Orgelbau Hermann Eule, Bautzen. Darüber hinaus wurden alle Windladenmagnete ausgewechselt. An der Hochschule Mittweida gab es gemeinsam mit der Bautzener Orgelbaufirma Eule ein Forschungsprojekt zur elektronischen Ansteuerung der Magnetventile in Kirchenorgeln. Ziel war es zunächst, die Probleme am elektromechanischen Spieltisch der Stadtkirchenorgel in Mittweida zu beheben. Diese Technik aus dem Jahre 1930 hatte zunehmend Kontaktschwierigkeiten, die zu Tonausfällen führten. Als Lösung entstand ein „elektronischer Bypass“, der die Magnetventile unabhängig ansteuert. Aus dem elektronischen Bypass entstand das OSE-System (Orgelelektronik System Eule). Für das inzwischen weltweit in fast 50 Orgeln eingesetzte System werden die Leiterplatten bei IMM electronics GmbH in Mittweida gefertigt. Die Orgel ist Prototyp für die elektronische Bypasstechnik, die an der Hochschule Mittweida entwickelt wurde. Um die Wartung und Erhaltung kümmert sich der Orgelverein Mittweida (https://Orgelverein-Mittweida.de). Im Juni 2017 startete planmäßig die Generalsanierung der Orgel. Mit der Restaurierung wurde die Firma Eule aus Bautzen beauftragt. Nach der Begasung des Spieltisches zur Holzwurmbekämpfung wurde im Dezember 2017 mit dem Ausbau der Pfeifen begonnen. 2018, zum 200. Geburtstag von Ladegast, wurde die Orgel wieder in Dienst gestellt. Seit 2022 ergänzt eine Celesta (Glockenspiel) als 73. Register die Orgel. Mit 5106 klingenden Pfeifen und 73 Registern ist sie die größte Orgel Mittelsachsens und die siebtgrößte in Sachsen.

Windladen: Kegelladen
Spieltraktur: elektrisch
Registertraktur: elektrisch
Registeranzahl: 73, Celesta (Glockenspiel) als 73. Register ergänzt durch Eule Orgelbau.
Manuale: 3, C-a³
Pedal: C-f1
Spielhilfen, Koppeln: Koppeln:


Normalkoppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P

Suboktavkoppeln: II/I, III/I, III/II, III/III

Superoktavkoppeln: II/I, III/I, III/II, III/III, II/P, III/P

Sonstige Koppeln: Generalkoppel


Spielhilfen: 10000 Setzerkombinationen, Feste Kombinationen (Pianopedal, Tuttipedal, Tutti), Absteller (Pedal, 16'-Zungen, 16'-Register)



Disposition der Ladegast-Jehmlich Orgel 2018

I.MANUAL, HAUPTWERK II.MANUAL, OBERWERK III.MANUAL,Echowerk PEDAL
Principal 16'

Principal 8'

Doppelflöte 8'

Viola di Gamba 8'

Flauto Amabile 8'

Viola d’Amour 8'

Gemshorn 4'

Octave 4'

Quinte 2 2⁄3'

Octave 2'

Cornett 3fach

Mixtur 4fach

Trompete 8'

Quintatön 16'

Principal 8'

Traversflöte 8'

Salicional 8'

Rohrflöte 8'

Flauto Dolce 8'

Dolce 8' (v)

Flauto Minor 4'

Blockflöte 4'

Octave 4'

Fugara 4' (v)

Quinte 2 2⁄3'

Piccolo 2'

Waldflöte 2' (v)

Terz 1 3⁄5'

Spielpfeife 1'

Progressio 3-4fach

Scharff 4-6fach (v)

Cymbel 3fach

Clarinette 8'

(v) = ist für späteren Einbau vorbereitet

Gedackt 16'

Geigenprincipal 8'

Soloflöte 8'

Quintatön 8'

Gedackt 8'

Gemshorn 8'

Aeoline 8'

Vox Coelestis 8'

Schwebeflöte 8'

Zartflöte 4'

Violine 4'

Octavflöte 4'

Nassat 2 2⁄3'

Flautino 2'

Terz 1 3⁄5'

Septime 1 1⁄7'

Sifflöte 1'

Cornett 5fach

Mixtur 4fach

Schalmei 8'

Trompete 8'

Oboe 8'

Untersatz 32'

Principalbaß 16'

Violon 16'

Subbaß 16'

Echobaß 16'

Quintbaß 10 2⁄3' (v)

Dulciana 8' (v)

Flötenbaß 8'

Violoncello 8'

Octavbaß 8'

Nassat 5 1⁄3'

Choralbaß 4'

Flauto Dolce 4'

Octavbaß 2'

Mixturbaß 4fach

Posaune 16'

Trompetenbaß 8'

(v) = ist für späteren Einbau vorbereitet


Disposition der Friedrich Ladegast Orgel 1888

I.MANUAL C-f³ II.MANUAL C-f³ PEDAL C-d1
Principal 16 Fuss

Bordun 16 Fuss

Principal 8 Fuss

Gamba 8 Fuss

Doppelflöte 8 Fuss

Flauto amabile 8 Fuss

Octave 4 Fuss

Gemshorn 4 Fuss

Doublette 3 Fuss und 2 Fuss

Cymbel 3fach, 2 Fuss

Mixtur 4fach 2 Fuss

Cornett 2fach (vom grossen C bis H)

Octave 2Fuss

Terz (von C ab) 3fach

Trompete 8 Fuss (mit aufschlagenden Zugen)

Geigenprincipal 8 Fuss

Quintatön 8 Fuss

Salicional 8 Fuss

Flauto traverso 8 Fuss

Rohrflöte 8 Fuss

Octave 8 Fuss

Flauto minor 4 Fuss

Nassat 3 Fuss

Piccoloflöte 2 Fuss

Progressio harmonica 3 bis 4fach

Clarinette 8 Fuss

Viola d’ amour 8 Fuss

Lieb. Gedackt 8 Fuss

Flauto dolce 8 Fuss

Fugara 4 Fuss

Octavflöte 4 Fuss

Untersatz 32 Fuss

Principalbass 16 Fuss

Subbass 16 Fuss

Violonbass 16 Fuss

Posaune 16 Fuss (aufschlagende Zungen)

Octavbass 8 Fuss

Rohrflöte 8 Fuss

Trompete 8 Fuss

Cello 8 Fuss

Octavbass 4 Fuss

Nassat 5 1/3 Fuss


Disposition der Orgel von Tobias Weller Orgel aus dem Jahr 1648.

I.MANUAL, OBERWERK II.MANUAL, RÜCKPOSITIV PEDAL
Principal 4‘

Grobprincipal 8‘

Qvintadena 8‘

Hohlflöth 4‘

Octav 2‘

Nassat 2 2/3‘

Qvinta 1 ½

Kizian flöth ½‘

Mixtur

Zimbel 2fach

Trombetten 8‘

Principal 3‘

Grobgedackt 8‘

Kleingedackt 4‘

Octav 2‘

Sedetz 1‘

Cimbel 1fach

Dulcian 8‘

Subbaß 16‘

Schnarrbaß 16‘

Cornet 2‘



Bibliographie

Literatur: Dähnert, Ulrich: Historische Orgeln in Sachsen, VEB Deutscher Verlag für Musik Leipzig, 1980. Mittweida, Stadtkirche, S.205-207, 1647-48, Orgel von Tobias Weller.

Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsen, Orgeldatenbank ORKASA

Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH

Lexikon norddeutscher Orgelbauer, Bd.2, Sachsen und Umgebung, Pape-Verlag Berlin, 2012. Orgel von Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil) Dresden in der Stadtkirche St. Marien in Mittweida, 1931 Umbau und Neubau der Ladegast-Orgel auf 32 Register und 3 Manuale, S.171.

Oehme, Fritz: Handbuch über ältere, neuere und neueste Orgelwerke im Königreich Sachsen, Leipzig, Edition Peters, Reprints, 1978, Bd.1, 1888, Orgel von Friedrich Ladegast & Sohn.

Oehme, Fritz: Handbuch über ältere, neuere und neueste Orgelwerke im Königreich Sachsen, Leipzig, Edition Peters, Reprints, 1978, Supplement, S.149 Orgelneubau 1931 durch Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden, im Gehäuse von Friedrich Ladegast, teilweise Verwendung alter Stimmen.

Hermann Eule Orgelbau Bautzen GmbH

Zuckerriedel, Eckhardt: Eine bessondere Orgel in einer besonderen Kirche. Betrachtungen zur Geschichte der Ladegast-Jehmlich-Orgel.[2018]

Weblinks: Wikipedia, Unser Lieben Frauen, Mittweida

orgbase.nl

Mittweida, Stadtkirche unsere lieben Frauen

Wikipedia, Friedrich Ladegast

Wikipedia, Jehmlich Orgelbau

Orgelverein Mittweida, Ladegast-Jehmlich-Orgel