Herrenberg/Kuppingen, St. Antonius

Aus Organ index
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Plum-Orgel in Kuppingen
Orgel im Raum
Prospekt
Spielschrank
Orgelbauer: Peter Plum, Marbach am Neckar
Baujahr: 1995
Geschichte der Orgel: Vorgängerorgel: elektronisches Interimsinstrument
Gehäuse: massives Eichenholz mit gewachster Oberfläche
Windladen: Schleifladen
Spieltraktur: mechanisch
Registeranzahl: 17
Manuale: 2, C–g3
Pedal: C–f1
Spielhilfen, Koppeln: Normalkoppeln

5fache Setzeranlage


Disposition

I Hauptwerk II Schwellwerk Pedal
Prinzipal 8' [1]

Gedeckt 8'

Octave 4'

Rohrflöte 4'

Superoctave 2'

Mixtur 4f 11/3'

Rohrgedeckt 8'

Salizional 8'

Schwebung 8' [2]

Prinzipal 4'

Nasard 22/3'

Waldflöte 2'

Terzflöte 13/5'

Scharf 4f 1'

Hautbois 8'


Tremulant

Subbaß 16'

Oktavbaß 8'

Gedecktbaß 8' [3]

Choralbaß 4' [3]


Anmerkungen
  1. E–d3 im Prospekt
  2. ab c
  3. 3,0 3,1 Transmission aus I



Bibliographie

Anmerkungen: Orgelweihe am 2. Juli 1995 im Festgottesdienst
abendliches Konzert: Wolfram Rehfeldt

Sachberatung: Wolfram Rehfeldt


Die Orgel zum Lobe Gottes (Beitrag aus der Festschrift, mit freundlicher Genehmigung des Verfassers)

Die katholische Kirche in Kuppingen ist ein Bau aus der Zeit, in der man erste Bemühungen anstellte, moderne Architektur mit den Anforderungen der Liturgieform in Einklang zu bringen. Hier kann man dazuhin noch feststellen, daß der in den „Aktionsorten“ traditionell angelegte Bau eine noch ordentliche Akustik aufweist, was bei neueren Kirchenbauten leider sehr selten geworden ist.

Das bisherige Instrument, eine Interimslösung, war eine elektronische Orgel, die, wie alle aus diesem Bausystem, nur begrenzte Lebensdauer haben und durch ständige Weiterentwicklung für eine Reparatur unrentabel sind.

Für das jetzt neu eingebaute Instrument, das nach dem altbewährten System der mechanischen Schleiflade gebaut ist, hat sich der KGR nach ausgiebigen Beratungen und Besichtigungen für die Firma Plum in Marbach entschieden. Die zur Ausführung gelangte Lösung paßt sich der Raumarchitektur recht gut an und zeigt ein charakteristisches „Gesicht“.

Die Pfeifenorgel steht als Instrument auf Grund ihrer Einzigartigkeit und künstlerischen Sensibilität wieder hoch im „Kurs“. Sie steht auch unter den traditionellen Elementen einzigartig da, indem sie ein höchst zutreffendes Abbild menschlicher Gemeinschaft und Eigenart ist. Ihre äußere Erscheinungsform kann trotz immer gleicher Bauelemente grundverschieden sein, bleibt aber dennoch von jedem erkennbar. Jedes Instrument ist eine individuelle Schöpfung eines Künstlers für die nicht hoch genug anzusetzenden Ansprüche eines „Gottes-Dienstes". Für ihr Funktionieren ist das wohlabgestimmte Miteinander aller Einzelteile und Pfeifen wesentlich. Alle mechanischen und klanglichen Funktionen haben eine natürliche Art und strahlen Leben aus, wie z.B. durch das Atmen des Orgelwindes, das Sprechen und Singen der einzelnen Orgelpfeifen mit ihren „Lippen“ (Labien) und das gemeinsame Jubilieren aller Register mit dem besonderen chorischen Effekt, der nur durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Pfeifen erreicht werden kann.

Die Namen der verschiedenen Register leiten sich von der musikalischen Funktion, von einem imitierten Instrument oder von der Pfeifenbauform ab. Prinzipal – das den Gesamtklang stützende Register. Praestant – das vornestehende und damit sichtbare Prinzipal-Register. Prinzipale sind immer oben offene Pfeifen, wohingegen Flöten unterschiedliche Bauweisen haben können. Die Tonhöhe bzw. Länge der Pfeife wird nach alter Tradition in Fuß (=30 cm) gemessen. Die Normaltonhöhe wie beim Klavier erfordert eine 8-Fuß Länge. Die Oktave höher ist jeweils halb so groß. Ungerade Zahlen wie 22/3 oder 13/5 zeigen ein sogenanntes Farbregister an, mit dem man in Kombination mit anderen Klangfarben Melodien besonders schön hörbar hervorheben kann. Gedeckt bedeutet eine Pfeife mit Deckel. Diese ist leiser, flötiger und klingt gleichzeitig eine Oktave tiefer als die Länge vermuten ließe. Am Spieltisch werden aber jeweils die klingenden Tonhöhen angegeben, um Verwechslungen bei der Verwendung auszuschließen. Die Rohrflöte ist zum Beispiel eine gedeckte Pfeife, die im Deckel eine Rohröffnung hat, wodurch eine besonders charakteristische Klangfarbe erzeugt wird. Mixtur ist eine Mischung aus sehr hochliegenden Quinten und Oktaven, sie geben dem Gesamtklang den festlichen Glanz. Solistisch, wie vor allem im „Pleno“ (Zusammenklang aller kräftigen Register), spielen die Zungenregister (hier wird der Ton durch eine im Luftstrom schwingende Messingzunge erzeugt) eine maßgebende Rolle. Sie imitieren meist Blasinstrumente. Hier ist es eine Oboe im Schwellwerk, die so als lyrisches Solo-Register oder ergänzendes Plenoregister zu verwenden ist.

Mit der möglichen Vielseitigkeit in den Erscheinungsformen kann sich die Orgel auch den verschiedensten Kirchenbaustilen anpassen, im günstigsten Fall mit ihnen eine Einheit bilden. So war auch in den vergangenen Jahrhunderten die Orgel jeweils ein Abbild und Glaubenszeugnis ihrer Zeit und dies klanglich wie äußerlich. So hat z.B die typische Barockorgel neben den reich verzierten Gehäuseformen auch eine farbige Klangpalette durch alle Tonhöhen, während die typische Orgel der Romantik die differenzierten Klangfarben der tieferen Lagen bevorzugte. Die neue Orgel in Kuppingen orientiert sich klanglich an den bewährten Prinzipien der Barockinstrumente, nimmt aber zur Erweiterung der Interpretationsmöglichkeiten auch andere Bau- und Klangformen mit auf. So sind die Register des zweiten Manualwerkes in einem geschlossenen Kasten untergebracht, bei dem über einen Fußtritt Jalousien geöffnet werden können und so die Abstufung der Lautstärke an die jeweilige Notwendigkeit möglich ist. Diese Vorrichtung gab es übrigens schon im ausgehenden Barock in vereinfachter Form.

Bei der Registerzusammenstellung habe ich darauſ geachtet, daß möglichst unterschiedliche Pfeifenbauformen, die ja auch differenzierte Klangfarben geben, richtig einander zugeordnet sind, so daß ein Instrument mit vielfältiger Aussage und dennoch geschlossenem Konzept ersteht. Alles in allem ist hier eine schöne Orgel entstanden, die eine echte Bereicherung für die Liturgiefeiern sein dürfte.
So hat die neue Orgel alle Voraussetzungen, den heute geforderten Aufgaben in der Liturgie gerecht werden zu können. Durch die Güte der handwerklichen Ausführung dürfte auch eine lange Haltbarkeit gewährleistet sein.
Daher möchte ich der Kirchengemeinde zu diesem neuen gelungenen Instrument herzlich gratulieren und wünschen, daß dieses Instrument zum großen Lobpreis Gottes immer begeisterte Spieler finden möge.

Wolfram Rehfeldt
Domorganist, Bischöflicher Orgelsachverständiger

Literatur: Festschrift zur Orgelweihe, vergriffen
Weblinks: Kirchenbeschreibung auf der Website der Kirchengemeinde

Konzertrezension Antal Váradi (PDF; 0,3 MB)