Marquartstein, Zum Kostbaren Blut

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Schwenk & Wappmannsberger aus 1955
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Orgelbauer: Anton Schwenk & Franz Wappmannsberger (München-Prien)
Baujahr: 1955/56
Geschichte der Orgel: Nach der Weihe der Kirche im Jahr 1936 diente zunächst ein Harmonium als Übergangsinstrument, das laut dem Orgelmeldebogen 1944 noch zum Ende des Zweiten Weltkriegs vorhanden war. Noch im selben Jahr wurde die von Paul Ott 1938 erbaute ehemalige Hausorgel für Hugo Distler, welche zuletzt in St. Florian in Linz gestanden hatte, in Marquartsein aufgestellt. Nur drei Jahre danach wurde die Ott-Orgel offenbar ein weiteres Mal umgesetzt, und 1957 in St. Jakobi in Lübeck aufgestellt, wo sie erhalten ist.

Die von Schwenk & Wappmannsberger erbaute Orgel wurde am 22. April 1956 von Msgr. Prof. Heinrich Wismeyer (Domorganist in München) geweiht, der auch die Planung übernommen hatte. Die musikalische Leitung des Weihegottesdienstes hatte Hauptlehrer Hans Thoma.

Das Traunsteiner Tagblatt aus dem Jahr 1956 berichtet: "Der kommende Sonntag, 22. April, steht in der Gemeinde Marquartstein ganz im Zeichen der Einweihung der neuen Kirchenorgel. Die Pfarrgemeinde erwartet zu diesem Fest Gäste aus nah und fern. Von München wird der Diözesanmusikreferent, Professor Monsignore Wismeyer, kommen, um die Orgel abzunehmen. Prof. Wismeyer wird das Orgelkonzert B-Dur von Georg Friedrich Haendel zum Vortrag bringen. Der Kirchenchor wird vierstimmig den Psalm „Laudate dominum!" von Kaspar Ett singen, anschließend wird ein Violinsolo mit Orgelbegleitung vorgetragen. Die neue Orgel der Kirche von Marquartstein wurde von der Firma Wappmannsberger, Prien, zusammen mit der Firma Schwenk, München, aufgestellt. Sie besitzt annähernd 1050 Pfeifen und darf als eine der modernsten und besten Orgeln Oberbayerns bezeichnet werden. Die Pfarrei Marquartstein ist stolz auf' diese Errungenschaft, die es in erster Linie der Initiative des verstorbenen Pfarrers Sedlmayer und des jetzigen Pfarrherrn Joseph Kaul zu verdanken hat."

Gehäuse: Freipfeifenprospekt
Windladen: Kegelladen
Spieltraktur: elektropneumatisch
Registertraktur: elektropneumatisch
Registeranzahl: 16 (17)
Manuale: 2 C-g3
Pedal: C-f1
Spielhilfen, Koppeln: Normalkoppeln



Disposition

I. Manual II. Manual Pedal
Prinzipal 8'

Rohrflöte 8'

Oktave 4'

Gemshorn 4'

Oktave 2'

Mixtur 3-4f 11/3'

Gedackt 8'

Weidenpfeife 8'

Violprinzipal 4'

Hohlflöte 4'

Nachthorn 2'

Quinte 11/3'

Oktavzimbel 2f 1'

Subbass 16'

Oktavbass 8'

Gedecktbass 8' [1]

Pommer 4'

Anmerkung
  1. Transmission aus Gedackt 8' (II)

Ott-Orgel 1944-1947

Orgelbeschreibung

Die Hausorgel von Hugo Distler 1940 in Strausberg
Orgelbauer: Paul Ott, Göttingen
Baujahr: 1938 • op. 44 (Hausorgel für Hugo Distler, Stuttgart)
Geschichte der Orgel: Hugo Distler trat 1931 die Organisten-Stelle an St. Jakobi in Lübeck an. Hier komponierte er seine Orgelwerke und einen Großteil seiner Vokalmusik. 1937 zog er nach Stuttgart und ließ sich dort eine Hausorgel von Paul Ott bauen. Die Disposition der Orgel entwarf Distlers Schwager Erich Thienhaus. Die weitere Geschichte der Hausorgel ist ausführlich beschrieben worden und lässt sich wie folgt zusammenfassen :

1940 Mit Distlers Ruf an die Berliner Musikhochschule gelangt die Orgel nach Berlin-Strausberg • 1942 Nach Distlers Tod wird die Orgel als Leihgabe dem Reichssender Berlin überlassen • 1943 Auslagerung in das Brucknerstift St. Florian bei Linz durch Alexander Schuke • 1944 Umsetzung von Linz nach Marquartstein und Einbau eines Subbass 16' • 1947 Die Nordwestdeutsche Musikakademie in Detmold übernimmt die Ott-Orgel bis 1954 für Übungszwecke • 1957 Aufstellung in der St. Jürgen Kapelle in Lübeck bis zum dortigen Orgelneubau • 1976 Einlagerung bei Kemper und Aufstellung im Südschiff von St. Jakobi • 1992 Restaurierung durch die Berliner Orgelbauwerkstatt Karl Schuke, Filiale Hitzacker (Harald Knorr) und Aufstellung im Distler-Saal • 2012 Restaurierung und Rückführung der Disposition durch Reinalt Klein, Lübeck (vgl. Bericht über Restaurierung)

Mit seinem Schwiegervater hatte Hugo Distler Ende Juli 1936 von Berchtesgaden aus einen Ausflug nach Marquartstein gemacht, wo sie eine Tante seiner Frau besuchten. Distler behielt Marquartstein in so guter Erinnerung, dass er schon lange vor Kriegsbeginn seiner Frau ans Herz legte, mit den Kindern dorthin zu ziehen, falls ihm einmal etwas zustoßen sollte. So schrieb er in einem Brief an seinen Schwager Erich Thienhaus im September 1939: „Ich beginne zu fürchten, dass der Augenblick kommt, wo Waltraut und die Kinder von hier weg müssen. Ich dachte etwa an Marquartstein. ( ... ) Außerdem werde ich ja sowie¬so über kurzem einrücken müssen. Wir haben in Marquartstein nicht nur die Tante von Waltraut sitzen, sondern auch die Familie eines uns befreundeten Malers.“

Waltraut Distler befolgte diesen Rat und zog mit ihren drei Kindern 1943 nach Marquartstein zu ihrer inzwischen verwitweten Tante Gertrud Dickhäuser in die Burgstraße. Dort lebte sie bis zu Ihrem Tod im Jahr 1998. So ist es nachvollziehbar, dass sie die Orgel Ihres Mannes gerne vor dem Krieg schützen wollte, und weshalb das Instrument schließlich in Marquartstein zu stehen kam.

Umbauten: 1944, 1992, 2012 Umsetzungen und Veränderungen der Disposition (vgl. Geschichte)
Gehäuse: Der Gehäuseentwurf stammt von Helmut Bornefeld.
Stimmtonhöhe: a1 = 440 Hz
Windladen: Schleifladen
Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: mechanisch
Registeranzahl: 16
Manuale: 2 C-d³
Pedal: C-f¹
Spielhilfen, Koppeln: Tremulant OW

Normalkoppeln: OW/HW, HW/Ped, OW/Ped



Disposition um 1945[1][2]

I Hauptwerk II Oberwerk[3] Pedalwerk
Liebl. Gedackt 8'

Principal 4'

Nasat 22/3'

Waldflöte 2'

Cymbel 2-3f

Holzregal 8'[4]

Gedacktflöte 4'

Principal 2'

Terz 1f[5] 13/5'

Quinte 11/3'

Oktave 1'

Subbass 16'[6]

Gedackt 8'

Rohrflöte 4'

Rauschpfeife 2f

Trichtedulcian 16'[7]

Anmerkungen

  1. Disposition während der Zeit in Marquartstein. Das Klangbild wurde 2012 wieder in den Originalzustand rückgeführt
  2. Typisch für die Hochzeit des Neobarock enthielt die Orgel eine obertonreiche Disposition, Pfeifenwerk mit niedrigen Aufschnitten und zwei Zungenstimmen der Regalfamilie. Der Winddruck betrug 45 mm WS.
  3. schwellbar
  4. Bis zum späteren Einbau des Gedacktpommer (1950) war dieses Zungenregister einziger Vertreter der 8' Lage im II. Manual, daher wird es zuerst aufgeführt
  5. nach Pape tatsächlich mit diesem Zusatz angegeben
  6. 1945 eingebaut
  7. in einem separaten Schwellkasten



Bibliographie

Anmerkungen: Am 20. Mai 1935 erfolgte der erste Spatenstich, und bereits sieben Monate später fand die Hebefeier statt. In einer feierlichen, mehrere Stunden dauernden Zeremonie weihte Kardinal Faulhaber am 9. August 1936 die neue Kirche. Die vielen Gläubigen mussten hierbei die ganze Zeit über stehen, weil die Kirchenbänke noch nicht montiert waren.

Mit dem Bau der Kirche wurde der Münchner Architekt Georg Berlinger jun. beauftragt. Berlinger baute mehrere Kirchen in der Region, und machte sich später als Dombaumeister um den Wiederaufbau des Liebfrauendoms in München verdient. Im äußeren Erscheinungsbild erinnert der Bau an eine gotische Kirche. Ihre Maße betragen 36 m in der Länge und 21,5 m in der größten Breite. Der Turm misst bis zur Kreuzspitze 51,5 m. Die Überdachung über dem Hauptportal ruht auf Säulen aus heimischem Marmor. Eine Besonderheit der 1935 fertiggestellten Kirche ist, dass sie nicht geostet ist. Bei der Planung beschloss man, zwar die übliche West-Ost-Ausrichtung der Längsachse vorzunehmen, den Altar aber im Westen des Kirchenschiffes zu errichten: Das Hauptportal sollte sich zu den Menschen im Ort hin öffnen. Marquartstein wurde nun eine Expositur (d.h. ein Seelsorgebezirk ohne eigene Vermögensverwaltung) und schließlich am 21. April 1946 selbständige Pfarrei.

Quellen/Sichtungen: Angaben zur aktuellen Orgel: frdl. Mitteilung kath. Pfarramt Marquartstein - Januar 2024

Angaben zur Kirchengeschichte: Artikel im Traunsteiner Tagblatt" zum 75jährigen Kirchenjubiläum

Literatur: Programm zur Orgelweihe am 22. April 1956. Kath. Pfarrgemeinde Zum kostbaren Blut Marquartstein

Pape, Uwe: Paul Ott (1903-1991). Protagonist des Baus von Schleifladenorgeln zwischen den beiden Weltkriegen. Alfred Reichling (Hrsg.): Aspekte der Orgelbewegung, Kassel: Merseburger (1995), 263-298.

Weblinks: Webseite der Kirchengemeinde

Die Ott-Orgel auf orgbase.nl

Die Ott-Orgel auf Orgeln in Lübeck (Memento)

Beschreibung der Ott-Orgel auf Wikipedia