Dresden/Loschwitz, Lingnerschloss, Festsaal (nicht erhalten)
Adresse: Dresden, Aufgang Lingnerschloss, Loschwitz/Wachwitz, Loschwitz, Dresden, Sachsen, 01099, Deutschland
Gebäude: Dresden, Lingnerschloss (Villa Stockhaussen)
Datei:Dresden Loschwitz, Lingnerschloss, Festsaal Lingner-Orgel Saalansicht.jpg Dresden/Loschwitz, Lingnerschloss, Festsaal, Lingner-Orgel. |
Datei:Dresden Loschwitz, Lingnerschloss, Festsaal Lingner-Orgel Spieltisch.jpg Dresden/Loschwitz, Lingnerschloss, Festsaal, Lingner-Orgel, Spieltisch. |
Datei:Dresden Loschwitz, Lingnerschloss, Festsaal, Lingner an der Jehmlich-Orgel.jpg Dresden Loschwitz, Lingnerschloss, Festsaal, Lingner an der Jehmlich-Orgel. |
| Alternativer Name: | Villa Stockhausen |
| Orgelbauer: | Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden, op.274 |
| Baujahr: | 1909 |
| Geschichte der Orgel: | 1906 kaufte der Dresdner Unternehmer, Erfinder und Mäzen Karl August Lingner die Villa Stockhausen (Lingnerschloss).
Der Architekt Wilhelm Kreis (1873-1955), Erbauer des Deutschen Hygiene-Museums (1930), baute im Auftrag Lingners das Gebäude Bautzner Straße 132 im Zeitgeschmack um, der noch stark vom „Jugendstil“ der Jahrhundertwende geprägt war. Im Wesentlichen blieben die Räume aber erhalten und wurden dem veränderten Verwendungszweck angepasst. Lingner liebte außergewöhnliche Lösungen und Ideen. In einer Nische des Hauptraumes befand sich eine Orgel, an der Lingner in Mußestunden gern improvisierte. Lingner war technischen Neuerungen besonders aufgeschlossen, wovon u. a. ein speziell präpariertes Telefon zur Fernübertragung seines Orgelspiels zeugte. Er beeinflusste die Disposition der Orgel durch mehrere konkrete Vorschläge, die von der Dresdner Orgelbaufirma Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil) überwiegend berücksichtigt wurden und bedankte sich mit folgendem Gutachten für Ihre Arbeit: „Die Jehmlichschen Orgeln sind, was Intonation anlangt, ja längstens und überall zur Genüge bekannt; Sie haben aber Ihrem alten Ruhme durch das Prachtwerk auf Schloss Albrechtsberg neuen hinzugefügt. Alle die einzelnen Stimmen runden sich im vollen Werk zu einer grandiosen, unersättlichen, wuchtigen und dabei weichen Klangfülle ab. Möge es der Firma Gebrüder Jehmlich vergönnt sein, noch recht viel solcher herrlichen Werke zu erbauen.“ Dresden, den 15. Juli 1910. Lingner verstarb am 5. Juni 1916 in der Villa Stockhausen und wurde im Orgelsaal aufgebahrt. Lingner hatte verfügt, dass die Villa nach seinem Tod der Öffentlichkeit zur Nutzung zur Verfügung stand. 1917 mussten die Zinnpfeifen der Orgel an die Kriegsindustrie abgegeben werden. Nach dem Tode des Herrn Geheimrat Lingner wurde die Orgel jahrelang nicht mehr benutzt, sodass sich verschiedene Mängel einstellten, welche erst im Jahr 1931 bei einer gründlichen Überholung durch die Erbauer des Werkes Gebrüder Jehmlich aus den Mitteln der Güntzstiftung wieder herstellen ließen, so daß sie wieder zu Konzertzwecken verwendbar war. Die Orgel wurde gründlich gereinigt, fehlende Pfeifen ersetzt und die durch einen Wassereinbruch entstandenen Schäden beseitigt. Die fünfzig klingenden Stimmen erstrahlten wieder in ihrer ursprünglichen Schönheit, und die ungeheure, auf Lingners eigenen Entwurf zurückgehende Anzahl von Koppeln und Spielhilfen stand wieder im vollen Umfange zur Verfügung. Nur die im Kriege geopferten Zinnpfeifen des Prospektes konnten noch nicht durch neue ersetzt werden. 1933 wurde ein neuer Elektroventilator eingebaut. In der Zwischenzeit war das Werk von Fall zu Fall nur nachreguliert und gestimmt worden. Das Fernwerk im Wintergarten konnte noch nicht wieder spielbar gemacht werden. Das Bombardement auf Dresden 1945 hinterließ keine Schäden. 1945 wurde das Instrument während der Einquartierung sowjetischer Offiziere von der Orgelbaufirma Jehmlich ausgebaut und 1948 teilweise zum Bau einer nicht erhaltenen Bühnenorgel für das „Große Haus“ der Dresdner Staatstheater verwendet. Diese Orgel wurde als op.640 erbaut. Verwendet wurden technische Teile und einige Register der 1945 abgebrochenen Jehmlich-Orgel, Opus 274 von 1909, aus der Villa Stockhausen („Lingner-Schloss“). Die Orgel verfügte über 26 Register auf 2 Manualen (C – g3) und Pedal (C – f1), Kegelladen und elektropneumatische Traktur. Sie war in der linken Seitengalerie des Bühnenhauses aufgestellt. Der fahrbare Spieltisch stand in einem Nebenraum rechts vom Proszenium. 1988 wurde die Orgel des Schauspielhauses ausgebaut. Das Material wurde vorübergehend in Dresden, später in Ottendorf-Okrilla, eingelagert und schließlich entsorgt bzw. versteigert. Jahrzehnte standen die Räume der Villa Stockhausen nahezu leer und wurden nur gelegentlich für Tagungen, Schulungen und Konferenzen genutzt. Im Jahr 2005 begann die denkmalgerechte Bausanierung unter Leitung des Fördervereins Lingnerschloss. Diese fand 2018 vorläufig ihren Abschluss. Geplant ist auch noch eine neue Orgel. |
| Gehäuse: | Prospektentwurf Prof. Kreis, Dresden (Spielschrankanlage) |
| Windladen: | Kegelladen |
| Spieltraktur: | pneumatisch, Fernwerk elektropneumatisch |
| Registertraktur: | pneumatisch |
| Registeranzahl: | 47, 2 Transmissionen, Glockenspiel, integrierter Bechstein-Flügel. Die mit *) bezeichneten Register standen in gesondertem Schwellkasten. Vox angelica hatte Flötencharakter, der 2. Chor war schwebend gestimmt. Vox humana 8‘ (mit Tremulanten) und Viola 8‘ wurden nachträglich als Fernwerk in den „Wintergarten“ verlegt. |
| Manuale: | 3, C-a³+4, Bechstein-Flügel A1-c5 |
| Pedal: | C-f1 |
| Spielhilfen, Koppeln: | 6 Normalkoppeln als Druckknöpfe und Tritte, Suboktavkoppeln II/I und III/II, Superoktavkoppeln I/I (ausgebaut und III/II, Melodiekoppel III/II, Pedaloktavkoppel C-H superoktavierend, ab c° suboktavierend), Generalkoppel, Generaloktavkoppel, „Klavierkoppel“ (IV/I), feste Kombinationen: p, mf, f, ff, Tutti (wechselwirkend als Druckknöpfe und Tritte), 6 freie Kombinationen (wechselwirkend als Druckknöpfe und Tritte), Ausschalter für I.Manual, Druckregister, Rohrwerke, Koppeln, Crescendo, Registercrescendo als Walze und Handhebel, Schweller für II. und III.Manual.
Die Pedale für Verschiebung und Dämpfungsaufhebung des Flügels befanden sich unterhalb der Crescendowalze. |
Disposition
| I. MANUAL | II. MANUAL | III. MANUAL, SCHWELLWERK | PEDAL |
| Bordun 16‘
Principal 8‘ Flûte harmonique 8‘ Gedackt 8‘ Viola di Gamba 8‘ Salicional 8‘ Oktave 4‘ Flöte 4‘ Quinte 2 2/3‘ Oktave 2‘ Cornett 3-4fach Trompete 8‘ |
Gedackt 16‘
Geigenprinzipal 8‘ Traversflöte 8‘ Bordun 8‘ *) Viola 8‘ Aeoline 8‘ Gemshorn 8‘ Vox angelica I-II 8‘ *) Rohrflöte 4‘ Fugara 4‘ Nassat 2 2/3‘ Piccolo 2‘ Mixtur 3fach Oboe 8‘ Vox humana 8‘ *) |
Principal 8‘
Konzertflöte 8‘ Violine 8‘ Vox coelestis 8‘ Quintatön 8‘ Hohlflöte 4‘ Salicet 4‘ Waldflöte 2‘ Progressio 3fach Fagott 16‘ Trompette harmonique 8‘ Clarinette 8‘ -Glockenspiel c1-g³ *) |
Subbass 16’
Violonbass 16’ -Gedacktbass 16’ (Transm. II. Man.) Quintbass 10 2/3’ Principalbass 8’ Violoncellobass 8’ Flötenbass 4’ Posaune 16’ -Fagott 16’ (Transm III.Man.) Basstuba 8’ |
Bibliographie
| Literatur: | Jehmlich Orgelbau Dresden GmbH
Gebrüder Jehmlich, Königl. Sächs. Hoforgelbauer-N, Dresden 1910. S.41-43 mit Gutachten von Lingner, S.116 Disposition. Die Orgel im Lingnerschloss. In: Dresdner Anzeiger, Mi. 8.Juli 1931, 201.Jahrgang Nr.228 Seite 3. Bilder, Unterlagen und Nachlass im Archiv des „Deutschen Hygienemuseums“ Dresden. Manfred Lauffer: Wo Lingner an der Orgel improvisierte. Von der Villa Stockhausen bis zum Dresdner Klub, Die UNION, Januar 1987. Greß, Frank-Harald: Die Orgelbauerfamilie Jehmlich und ihre Werke. Verlag Klauss-Jürgen Kamprad, Altenburg, 2023, S.40-45. |
| Weblinks: | Wikipedia, Lingnerschloss |