Weingarten (Württemberg), Basilika St. Martin

Aus Organ index
Version vom 29. Januar 2022, 09:24 Uhr von Rohrquintade (Diskussion | Beiträge) (Korr Satzbau, Ausdruck, Grammatik)
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Gabler-Orgel 1736–1750
Orgel im Raum
Gabler-Spieltisch
Orgelbauer: Joseph Gabler
Baujahr: 1736–1750
Geschichte der Orgel: 1532 errichtet der Orgelbauer Martin Rück für die ursprüngliche Basilika ein Werk auf 2 Manualen, das 1632 im Krieg jedoch zerstört wird
Umbauten: Einige Umbauten im 19. und 20. Jahrhundert.

1811 Instandsetzung durch Maucher/Konstanz (ehem. Geselle Gablers)

1826 Reparatur durch Braun/Spaichingen (1826)

1861 wird Weigle für die Pflege des Instruments zuständig.

1878 Einbau von Barkerhebeln (für I, II und P)/ "großer Umbau" durch Weigle

1905 Die Orgel ist plötzlich unspielbar und läßt nur ein Wimmern hören. Nach zweitägiger Suche entdeckt man tatsächlich einen Geheimhebel, der mittels Zug die Orgel wieder zum Klingen bringt. Diesen hatte der Meister wohl vorgesehen, "um im Fall eines Streits die letzte Karte auszuspielen" (Smets).

1908–10 Einbau eines elektrischen Gebläses samt Magazinbalg, großer Umbau durch Weigle

1912 Erweiterung des Tonumfangs (Pedal C–d') auf elektrischen Kegelladen. Auf der Seitenempore wird im Rahmen der Überholungsarbeiten an der Orgel ein Hochdruckwerk nach dem patentierten System von Weigle errichtet. Weigle findet auch den "Geheimhebel" an schwer zugänglicher Stelle, woraufhin er entfernt wird.

Später wird das Kronpositiv mit elektrischer Traktur angeschlossen.

1954 Generalüberholung durch Steinmeyer, wobei nochmals die Windversorgung geändert und der Pedalumfang von d' auf f' erweitert wird

Das Hochdruckwerk wird durch ein schwellbares Zusatzwerk mit 7 Registern, gebaut von Reiser und Späth, ersetzt.

1983 Restaurierung und Entfernung des Zusatzwerkes

Temperatur (Stimmung): ungleichschwebend, etwas modifiziert
Windladen: Schleifladen
Spieltraktur: mechanisch
Registertraktur: mechanisch
Registeranzahl: 63
Manuale: 4, C–c3
Pedal: C–d1 (original: C–g°)
Spielhilfen, Koppeln: Koppeln original IV-III, IV-I, III-II, II-I, zusätzlich I-P, II-P, IV-P, Brustpedal an

Effektregister: Cuculus (Kuckuck: vier Holzpfeifen mit Windantrieb), Rossignol (Nachtigall: drei Pfeifen in einem Wasserbecken), Tympan (Pauke: drei Holzpfeifen (16') schwebend auf den Ton G gestimmt), Cymbala (drei Glöckchen mit Windantrieb (zusammen mit Cuculus))



Disposition

I Hauptwerk II Oberwerk/Kronpositiv III Echowerk IV Brustpositiv Pedal
Praestant 16′

Principal 8′

Rohrflaut 8′

Octav I–II 4′

Superoctav II 2′+1′

Hohlflaut 2′

Mixtur IX–X 2′

Cimbalum XII 1′

Sesquialter VIII–IX 2′

Piffaro V–VII 8′

Trombetten 8′[1]

Oberwerk:

Borduen II–III 16′

Principal Tutti 8′

Violoncell I–III 8′

Coppel 8′

Hohlflaut 8′

Unda maris 8′

Solicinale 8′

Mixtur IX–XII 4′


Kronpositiv:

Octav douce 4′

Viola II 4′+2′

Cimbali II 2′+1′

Nasat 2′

Borduen 16′

Principal 8′

Flauten 8′

Quintatön 8′

Viola douce 8′

Octav 4′

Hohlflaut I–II 4′

Piffaro doux II 4′

Superoctav 2′

Mixtur V–VI 2′

Cornet V–VI 1′

Hautbois 8′[2]

Principal doux 8′

Flaut douce 8′

Quintatön 8′

Violoncell 8′

Rohrflaut 4′

Querflaut 4′

Flaut travers II 4′

Flageolet 2′

Cornet VIII–XI 2′

Vox humana 8′

Hautbois 4′

Carillon 2′[3]

Tremulant

Hauptpedal:

Contrabaß II 32′+16′

Subbaß 32′

Octavbaß 16′

Violonbaß II 16′+8′


Mixturbaß V–VIII 8′

Posaunenbaß 16′

Bombard 16′

La force XLIX 4′[4]

Carillon ped. 2′[5]


Brüstungspedal:

Quintatönbaß 16′

Superoctavbaß 8′

Flaut douce 8′

Violoncellbaß 8′

Hohlflautbaß 4′

Cornetbass X-XI 4′

Sesquialter VI-VII 3′

Trombetbaß 8′

Fagottbaß 8′


Anmerkungen
  1. zwischendurch (vermutlich 1861) durch eine Trompete von Weigle ersetzt, diese ist dann 1954 in das Zusatzwerk versetzt worden
  2. 1861 durch eine durchschlagende Klarinette von Weigle ersetzt, die später wieder entfernt wird
  3. im Spieltisch
  4. Großmixtur 49fach für den Ton C
  5. In "Trauben" über dem Spieltisch

Das Seraphonwerk 1912–1954

Orgelbeschreibung

Orgelbauer: Carl G. Weigle
Baujahr: 1912 / op. 455
Geschichte der Orgel: Um mehr Klangvolumen zu erreichen, errichtete Weigle im Zuge der Arbeiten an der Hauptorgel ein Seraphonwerk als "Fernwerk" nach patentiertem System auf 150mm Winddruck, das vom I. Manual angesteuert und einseitig in der ersten Nische des Kirchenschiffes platziert wurde. Die Registerzüge wurden eigens dafür in der untersten Reihe am Hauptspieltisch angebracht, jeweils drei Züge links und rechts.

Weigle schlägt auch vor, das Kronpositiv um die Register Bourdon doux 8', Aeoline 8' und Vox coelestis 8' zu erweitern, dieser stilfremde Eingriff blieb der Orgel jedoch erspart, da der Einbau der Starktonstimmen wichtiger schien als die Instandsetzung des Kronwerks.

Smets bezeichnet das Seraphonwerk in seiner Monographie (1940) als "Mißgriff - Eisbären an der Riviera, für dessen Ausbau recht bald gesorgt werden sollte" (vgl. [2]).

1944 ist das Seraphonwerk unspielbar.

1954 wird es im Zuge weiterer Arbeiten durch zwei separate Schwellwerke, eines beim Nordturm, das andere beim Südturm, ersetzt.

Windladen: Membranladen
Spieltraktur: elektrisch
Registertraktur: elektrisch
Registeranzahl: 7





Disposition des Weigle-Seraphonwerks (1912)

HD Prinzipal 8'

HD Fugara 8'

HD Violine 8'

HD Flöte 8'

HD Gedeckt 8'

HD Gamba 4'

HD Tuba mirabilis 8'


Das Zusatzwerk 1954–1983

Orgelbeschreibung

Orgelbauer: Albert Reiser/Gebr. Späth
Baujahr: 1954
Geschichte der Orgel: 1954 wird das Seraphonwerk im Zuge weiterer Arbeiten durch zwei separate Schwellwerke, eines beim Nordturm (erbaut von Reiser), und das andere beim Südturm (erbaut von Späth), ersetzt. Im Zuge der Gesamtrestaurierung der Hauptorgel werden diese stilfremden Elemente wieder entfernt.
Registeranzahl: 7




Disposition der Zusatz-Schwellwerke (1954)[1]

Weitprincipal N 8'


Koppelflöte S 8'


Octave N 4'


Septimenkornett 4f S 22/3'

Trompete S 16'

Trompete S 8'[2]

Clairon N 4'


Anmerkungen
  1. Standorte: N = Nordturm; S = Südturm
  2. vermutlich zuvor in der Hauptorgel als Ersatz für Trombetten 8' (Weigle um 1860)

Verweise

Bibliographie

Anmerkungen: restauriert 1983 durch Theodor Kuhn AG

Die Gabler-Orgel der Basilika St. Martin zu Weingarten zählt zu den berühmtesten Orgeln Süddeutschlands. Dabei handelt es sich um das zweite Werk von Joseph Gabler. Die Bauzeit von 14 Jahren stellte für Joseph Gabler insofern eine große Herausforderung dar, als in diese Zeit auch der Klosterbrand von 1737 fällt. Bei diesem Instrument realisierte Gabler erstmals in Deutschland einen freistehenden Spieltisch. Einige Mythen ranken sich um dieses Großwerk, unter anderem die Mär, Gabler habe für die Vox humana dem Teufel seine Seele verkauft (darüber wurde auch eigens ein Theaterstück geschrieben). Auch der eingangs erwähnte "Geheimhebel" dürfte einzigartig sein.

Im Zuge der Restaurierung durch Orgelbau Kuhn AG wurden im Wesentlichen die zwischenzeitlichen Veränderungen dieses Instrumentes rückgängig gemacht. Allerdings wurde der ursprüngliche Pedalumfang von C–g° nicht zurückgeführt, sondern (wie auch schon 1912) um 7 Töne bis d' erweitert. Die ungleichschwebende Temperatur Joseph Gablers wurde etwas modifiziert.

Literatur: [1] Die grosse Orgel der Basilika zu Weingarten : Geschichte und Restaurierung der Gabler-Orgel. Friedrich Jakob / 113. Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde. Verlag Orgelbau Kuhn (1986)

[2] Die große Gabler Orgel der Abtei Weingarten. Orgel-Mongoraphien, Bd. 9. Paul Smets, Rheingold-Verlag, Mainz (1940)

Discographie: siehe Wikipedia
Weblinks: Website der Kirchengemeinde

Beschreibung beim Greifenberger-Institut

Wikipedia: Kirche, Orgeln